Kreuzfahrt Norwegen

Kreuzfahrt Norwegen
Zeitraum:
Kreuzfahrtschiff: MSC Poesia

Warnemünde, Deutschland
Eidfjord, Norwegen
Haugesund, Norwegen
Kristiansand, Norwegen
Oslo, Norwegen
Kopenhagen, Dänemark
Warnemünde, Deutschland

Vier Uhr dreißig. Siri schein das mit dem frühen Vogel wirklich sehr erst zu nehmen. Meine Laune ist im Keller. Ich hoffe, sie bringt Wein mit.

Ich versuche meine Augenlider nach oben zu ziehen. Erst das linke, dann das rechte. Für beide gleichzeitig habe ich keine Kraft. Ich glaub da hängen Gewichte dran. Viele schwere Gewichte. Mein Hirn verweigert jegliche Kontrolle über meinen Körper. Und es ist ja auch egal mit welchem Fuß ich jetzt aufstehen würde, es ist sowieso der Falsche. Fazit: Ich brauch mehr Füße.

Apropos Füße: In den letzten Monaten habe ich gelernt, morgens nach dem Aufwachen ist es in meinem Alter wichtig, erst einmal zu überprüfen dass kein Zettel am grossen Zeh hängt. Erst dann macht es Sinn sich über die Tagesplanung ernsthafte Gedanken zu machen.

Vier Uhr vierzig. Ich war kurz motiviert aufzustehen. Ich hab das aber schnell wieder in den Griff bekommen. 

Vier und fünfzig. Ich versuche es noch mal mit einem anderen Fuß.

Ich fühl mich krank. Hab schnell Symptome gegoogelt. Diagnose: Ich bin ein über 60-jähriger stark übergewichtiger Wellensittich mit Probleme an der Zylinderkopfdichtung und der seit 3 Tagen tot im Käfig liegt. Der Tag verspricht deutlich Potential nach oben.

Ja, Doktor Google ist ne lustige Sache. So richtig lustig wird es dann aber erst bei einem richtigen Arzt. So einem mit einer weißen Hosen und nem Poloshirt. Mit dem Blick der keinen Zweifel aufkommen läßt: Du bist ein 60-jähriger stark übergewichtiger Wellensittich mit Probleme an der Zylinderkopfdichtung und seit 3 Tagen tot. Widersprechen wäre wahrscheinlich keine gute Idee. Man sollte nicht vergessen, er sitzt am anderen Ende der Nadel. 

Ich werde noch einmal ins Wartezimmer gebeten. Wahrscheinlich googelt Dr. House schnell noch einmal was ich wirklich haben könnte und welche Nadel die größte ist, die man verwenden kann. In der Zwischenzeit vertreibe ich mir die Zeit mit Singen und Klatschen im Wartezimmer. Ich rechne mal kurz hoch: Die Zeit, die ich in den letzten Monaten in einem Wartezimmer verbracht habe würde locker ausreichen, um selbst mit einem Medizinstudium anzufangen. 

Ja, es ist nun fachärztlich diagnostiziert: Ich bin nicht krank, ich bin alt. Der Lack ist ab. Es täuscht auch kein großes Pflaster mit Marienkäfern oder lustig bunten Luftballons darüber hinweg. Ich muss der Tatsache nun ins Auge sehen. Ich darf nichts mehr machen, bei dem mir mein Körper am nächsten Tag leise ins Ohr flüstert: Mach das nie wieder! 

Tiefergehendes Nachfragen habe ich uns beiden erspart, denn ich weiß Dr. House hat weder die Geduld noch die Buntstifte es mir genau zu erklären. Ich bin dann erst einmal hinkend durch die Stadt gelaufen um mir was gegen die Kopfschmerzen zu kaufen. Schuhe oder so.

Aber was soll ich sagen, ich bin wirklich froh dass ich neben meiner Jugend nicht auch noch meinen Humor verloren habe.

Aber das alles war gestern. Jetzt ist es sieben Uhr sechsunddreißig: Eins muss ich meiner Müdigkeit ja lassen. Kondition hat sie.