USA

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“Jetzt links halten und sofort nach rechts abbiegen. Jetzt auf die Auffahrt fahren, in 50 Meter die Ausfahrt nehmen, rechts halten, jetzt links abbiegen, links halten und rechts abbiegen. In 30 Metern die mittlere Spur nehmen und dann links abbiegen. Folgen Sie dem Verlauf der Straße, bis Sie durchdrehen oder ich die Route neu berechnet habe.” Und das alles auf einer Strecke von 1 km. Respekt! Als wir die Abgabestation der Autovermietung erreicht hatten, applaudierte uns das Navigationssystem leise. Ich schwöre, ich habs gehört. – Ja, ich muss zugeben, ein kleines Tränchen hatte ich im Augenwinkel, als wir unseren Weggefährten nach 2 Wochen enger Dreisamkeit zurückgeben mußten. 4.512,6 km durch Kalifornien, Arizona, Utah und Nevada haben doch ganz schön zusammengeschweißt. Wir haben gemeinsam Tankstellen und Hotels gesucht, sind durch Schnee und Eis gefahren, über Brücken und durch Täler. Wir haben das Death Valley überlebt und auch die Serpentinen gemeistert, die Route 66 und den Highway Nr. 1 bezwungen. Mein Rücken wird sich nur sehr schwer an einen anderen Autositz gewöhnen.

Long Beach ist zugegebener Maßen ein schönes Eckchen. Es hat nen schönen Yachthafen und viele Jogger mit Hunden oder Kinderwagen zu bieten. Und ein Harley Davidson Event. Vermutlich mit zahlreichen Mädchen die sich um das Wohlbefinden der hochglanzpolierten Mopeds und Trucks mit vollem Körpereinsatz kümmern.

Und die Queen Mary und ein altes russisches U-Boot, in dem Pocahontas Waschbär lebt. Beides haben wir besucht und dritten gesehen.
Der Innenraum des U-Boots war ganz schön eng um die Hüfte. Ich frag mich, wie man hier entspannt reisen sollte. Und es roch nach Altöl und Diesel oder so. In der Luft lag schwere russische Folklore und in der Kombüse sogar noch Essen. Eine Lautsprecherstimme mit russischem Akzent erklärte voller Dramatik das Boot.
Die Queen Mary hingegen fuhr mit etwas mehr Luxus auf. Hier konnte man auf alten Holzplanken flanieren und mußt nicht durch schmale Luken kriechen. Allerdings konnte man hier auch nicht an bunten Knöpfen und Hebeln spielen. Schee wars trotzdem.

PS: Und hier noch ein Suchbild.

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Route: Marina de Rey, Long Beach, Queen Mary, Russisches U-Boot

1

Muscle Beach:
Ich offenbare mal, was sich bei diesem Wort vor meinem inneren Auge abspielt: Kernige Schnittchen, mit gestählten Körpern und darauf unzähligen Schweißperlen, die lüstern in der Sonne glänzen. Gut gebräunte male models, die ihr Sixpack nicht in einem grünen Kasten vor sich her tragen. Kerle mit Autoreifen unter ihren Armen, zerfetzen Jeans, die ihnen vom durchtrainierten Hintern rutschen und dir beim Sonnencreme verteilen vielversprechend zuzwinkern. Ja, das war meine Vorstellung vom Muscle Beach.
Um es kurz zu machen, ich war am falschen Tag dort.

Venice Beach:
Dann sollte Olli seine Chance bekommen, Strandnixen oder wenigstens so was wie Pamela Anderson zu sehen. Er wartete geduldig. Lange und sehr geduldig. Wenn ich ihn nicht mit der Aussicht auf ein lecker Frühstück weggelockt hätte, hätten ihn vermutlich die hungrigen Möwen zerpflückt.

Hollywood:
Also, wenn Kermit der Frosch einen Stern auf dem Hollywood Boulevard hat, dann möchte ich definitiv auch einen. Und Ich hab auch schon einen leeren gefunden. Nun ziehe ich noch schnell los und hole mir einen goldenen Edding. Zwischenzeitlich habe ich Spiderman und Marylin Monroe gebeten, auf meinen Stern aufzupassen. Und damit den beiden bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe nicht langweilig wird, sorgt Michael Jackson für ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm. Sollte also alles klappen.

Route: Marina del Rey, Venice Beach, Mulholland Drive, Beverly Hills, Sunset Boulevard, Hollywood, Walk of Fame

Wetter: strahlend blauer Himmel und Sonne satt bei 16 Grad

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Heute sind wir alle Ort an der Küste mit dem ersten Wort Santa abgefahren. Unsere persönliche Ode an Weihnachten 🙂
Santa Maria, Santa Barbara, die Santa Claus Road und Santa Monica natürlich auch.

Santa Barbara: Alles sehr ordentlich, aufgeräumt und geradlinig. Wie eine schön gepflegte Exceltabelle. Hier ein Bötchen im Yachthafen liegen zu haben, wäre kein Weltuntergang. In den Villen am Strand wohnen die Schönen und Reichen. Schön sind wir schon, jetzt warten wir noch darauf, dass jemand kommt und uns reich macht. Dazu haben wir uns mit einer Tüte Chips Geschmacksrichtung Honig Senf und einem Kaffee aus dem Pappbecher an den Hafen in die Sonne gesetzt und gewartet. Es kam niemand.

gefahrene Kilometer: 305
Route: Pismo Beach, Solvang, Santa Barbara, Malibu, Santa Monica, Marina del Rey

Wetter: blauer Himmel, Sonnenschein bei 16 Grad

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Eine Menge Fauna gab es zu sehen am Highway Nr. 1:
Bild 1 zeigt Sandflöhe am Carmel Beach – zugegebenermaßen etwas schwer zu erkennen.
Auf dem zweiten Bild liegen Seelöwen, Robben uns Seeelefanten übereinander und gammeln den lieben langen Tag vor sich hin. Ab und an schubbern sie sich ihr Fell, wenn mal wieder der Sandfloh aus Bild 1 zugeschlagen hat.
Dann gab es da noch Möwen, viele Möwen. Sie standen knietief im kalten Wasser und warteten darauf, dass der schwimmende Mittagstisch vorbei rauscht.
Und Eichhörnchen, die den Ausblick auf den Pazifik genießen.
In Pismo Beach genoss es ein Pelikan, seine bestgefederte Seite in die Kamera zu halten. Ich hab mehrfach geschaut, ob er ein Beutelchen mit der Aufschrift “gratuity requested” um sein dünnes Beinchen trägt.

gefahrene Kilometer: 235
Route: Monterey, Carmel Beach, Highway Nr. 1, Big Sur, Pfeiffer Beach, San Simeon, Pismo Beach

Wetter: Sonne, steife Brise und 15 Grad

Heute Abend gab’s lecker Hamburger mit Pommes bei Henry’s BBQ in Monterey.
Unsere Kellnerin hatte wohl Sonnenschein zum Frühstück oder etwas aus der ortsansässigen Apotheke, das ausschließlich unter dem Ladentisch angeboten wird. So freundlich kann man nicht mal sein, wenn man vom Weihnachtsmann 60 Tage bezahlen Urlaub geschenkt bekommt.

Sie ist eine bunte Mischung aus vielem. Ihre Mutter kommt aus Polen, die Oma aus Deutschland. Sie selbst lebte zeitweise in Stuttgart. Der Vater stammt aus Mexiko. Natürlich stationiert in Deutschland, wie rund 100% der amerikanischen Soldaten. – Ich vermute ja, dass Kindern bereits im Vorschulalter beigebracht wird, dass entweder Großvater, Vater, Onkel oder der Nachbarshund in Remscheid waren, um den Small Talk anzukurbeln. Meist wird dies dann mit einigen in der Kindheit aufgeschnappten bruchstückhaften deutschen Worten bestätigt. Um die Top 4 zu nennen: Weizenbier, Remscheid, Stuttgart, Autobahn.

Ach ja, der Hamburger – der wurde von unserem multikulturellen Sonnenschein mit unzähligen Kalorien geliefert. Und jede einzelne Kalorie davon haben wir mit nach Hause genommen, damit sie über Nacht genug Zeit haben, die Hosen enger zu nähen.

gefahrene Kilometer: 254
Route: San Francisco, Santa Cruz, Monterey

Wetter: 18 Grad, Sonnenschein

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… La, la, la, some flowers in your hair. …

Unser Hotel ist akzeptabel. Es bekommt ein 2:2 unentschieden.

2 Pluspunkte:
Es liegt direkt an The Fisherman’s Warf und damit Mitten im Geschehen. Alles ist super zu Fuß erreichbar.
Und unser Parkplatz kostet nix. Das ist hier wie ein Lottogewinn zu bewerten.

2 Minuspunkte:
Wir sind in einer Innenkabine eingecheckt. Unser winziges Fenster glänzt mit der Aussicht auf eine nur wenige Meter entfernte graue Häuserwand. Von der Sonne wach geküsst zu werden würde an ein Wunder grenzen. Aber hey, Tageslicht wird definitiv überbewertet. Die Möwen weckten uns pünktlich zur Morgendämmerung.
Und, das Hotel scheint aus Reispapier gebaut zu sein. Wenn der Typ über uns in seinem Reiseführer blättert, glaubst du, ein Windstoß reißt die Zimmertür auf. Ich war froh, dass er sich nicht die Haare geföhnt hat, sonst wären wir aus dem Bett gefegt worden. Dreht er oben Wasser auf, so könnte man meinen, du liegst unmittelbar neben den Niagarafällen. Ich redete mir sogar ein, Wassertropfen wahrgenommen zu haben. Und rollt jemand mit einem Koffer an unserem Fenster vorbei, würde ein Seismograph definitiv Erderschütterungen mit Evakuierungswarnung melden.
30% der Geräuschkulisse absorbieren meine Ohrstöpsel. Die restlichen 70% atme ich entspannt weg.

Aber richtig uncool ist es, wenn der Gast vor dir den Wecker nicht ausgeschaltet hat und du um 2:30 Uhr mit kurzem Herzstillstand im Bett sitzt und dich fragst, ob das ein Weckton oder Feueralarm ist. Rachsüchtig habe ich heute morgen um 6:24 Uhr genau diesen Wecker angeschriehen: Na, wie ist das so früh geweckt zu werden!!!!!!!!!!!!!!!!

gefahrene Kilometer: 0
gelaufene Kilometer: einmal die große Tour und zurück

Route: Lombard Street, China Town, Nob Hill, Fisherman’s Wharf, Pier 39, Cable Car Museum, Telegraph Hill

Nee, wie scheeee.

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Nee, wie schee ist es im Yosemite Nationalpark, wäre da die Anreise nicht.

Ich hasse Serpentinen. Dieses ewige Auf und Ab, links und rechts, hoch und runter. Speziell, wenn man mit den rechten Reifen fast über den Abhang hängt, während man von oben aufs Dach fallende Steinbrocken erwartet. Und wenn Dir dann deine Navigationsstimme noch sagt: Folgen Sie dem Verlauf der Straße 10 km, dein viel zu großer Burrito in mit Chlor geschmacklich verfeinerter Pepsi schwimmt und immer wieder freudig von unten an die Speiseröhre klopft, dann wünschst du dir, in Los Angeles irgendwo am Strand zu liegen und dem Wellenrauschen zuzuhören. Olli hat das Schunkeln in den steilen Kurven und die Bodenwellen sichtlich mehr Spaß gemacht als mir. Ja, lach nur, sobald du eingeschlafen bist, hole ich meine Filzstifte.

gefahrene Kilometer: 495
Route: Mariposa, Yosemite NP, San Francisco

2

Heute sind wir durch den Sequoia Nationalpark gefahren, um die riesigen Mammutbäume zu finden. Die Suche hatte schnell ein Ende, denn die Poser des Waldes waren schnell gefunden. Mit ihrer Größe – sie werden gern mal 85 m hoch mit einem Bodendurchmesser von 12 m – stellen sie von der Nordmanntanne bis  zur Deutschen Eiche alles in den Schatten. Selbst die Douglasie im Stadtwald von Eberbach sieht äußerst blass neben diesen Giganten aus. Und nun stehst du davor, schaust den gewaltigen Stamm entlang nach oben und denkst: Wow. Für einen Weihnachtsbaum zu mächtig, aber im Garten würde er sich gut machen. Nun verfliegt dieser Gedanke auch wieder ziemlich schnell, wenn man etwas länger über den Rücktransport nachdenkt.

gefahrene Kilometer: 572
Höhenmeter: 1.832
Route: Ridgecrest, Sequoia NP, Giant Forest, Mariposa

Raus aus Las Vegas, rein ins Death Valley. Aber zunächst gilt es Frühstück zu jagen. Wir entschieden uns kurzfristig für ein gesundes, nahrhaftes und vollwertiges Essen beim goldenen M.

Die Bestellung war wie die Teilnahme an einer Quizsendung. Ich hab mich gefragt, ob ich am Ende aller richtig beantworteten Fragen Glitterregen und einen Geldkoffer überreicht oder nur das perfekt bestellt Frühstück serviert bekomme. Wie geht es dir? Einzeln oder als Menü? Groß, medium oder klein? Mit Käse oder ohne und wenn mit, dann welcher? Mit Sahne oder ohne? Fettarm oder ordentlich was drin? Zucker? Milch? Zu dir oder zu mir? Kalt oder warm? Zum hier essen oder mitnehmen? Sonst noch etwas? Meine Güte, selbst Fragebögen deutscher Versicherer sind einfacher zu beantworten. Nach dieser Dauerfragerunde war ich so geschwächt, dass ich kurz davor war, mir einen zusätzlichen McMuffin Bacon & Egg zu bestellen. Den Gedanken habe ich schnell wieder verworfen.

gefahrene Kilometer inkl. Umweg wegen gesperrter Straße Aufgrund Flash Flood: 490
bewältigte Höhenmeter: 86 m unter dem Meeresspiegel bis 1.219 m über dem Meeresspiegel
Route: Las Vegas, Death Valley, Zabriskie Point, Golden Canyon, Artist Drive, Badwater, Dantes View, Ridgecrest

Wetter: von 20 Grad bis 0 Grad

Viva Las Vegas.

9

Hello Kitty, die Transformers, Elvis und Spongebob an einem Tag zu treffen, war schon ein Erlebnis. Aber vom dem dicken gelben M&M gejagt zu werden, war definitiv mein Highlight. Und der Coca Cola Eisbär, der das Schauspiel beobachtete, wackelte mit den Ohren, winkte mir freundlich zu und unternahm nichts zu meiner Rettung. Irgendwas tun sie den Leuten hier ins Trinkwasser. Anders sind hier einige Dinge nicht zu erklären.

Die mehrere Hektar großen Spielkasinos bieten ausreichend Schatten gegen die glühende Wintersonne. Bei gut klimatisierten 18 Grad leuchtet und klingelt es hier ordentlich. Ein Wellnesstempel für den Tinnitus.

Selbst die Obdachlosen sind in Las Vegas anders als die Verkäufer des Straßenfegers in den Berliner U-Bahnen. Bei Schildern wie: „Why lying. I need money for my beer.“ Oder „Help a punk to get drunk.“ weiss man wenigstens, wo die Kohle landet. Für die Abendschule geht sie vermutlich nicht drauf.

Viele Grüße aus Fünfstädteeck Paris, New York, Venedig, Luxor und Neu-Delhi.

gefahrene Kilometer: 0
gelaufene Kilometer: 13 – fühlen sich aber an wie 95 und mehr
Route: Las Vegas Strip hoch und runter

Drei. Zwei. Eins.

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Eine schnelle Zusammenfassung des heutigen Tages:

drei Bundesstaaten: Utah, Arizona, Nevada
zwei, nun nennen wir es Wetterzonen: -12 Grad Bryce Canyon und 17 Grad Las Vegas
eine Stunde Zeitumstellung

Viva Las Vegas!

gefahrene Kilometer: 486
Route: Bryce Canyon, Zion NP, Valley of Fire, Las Vegas

Wow.

Als Rick, Navajo Indianer mit sonnengegerbten Gesicht, Cowboyhut, kariertem Hemd und breitem Grinsen sagte, “enjoy the bumpy ride”, ahnte ich nur leise, was er damit meinen könnte. Befestigte Straßen nein, ein ausgetrocknetes Flussbett mit Buckelpiste und tief eingefahrenen Spurrinnen ja. Und so hüpften, sprangen und schunkelten wir bei strahlend blauem Himmel und schönstem Sonnenschein auf der Ladefläche seines Monstertrucks zum Eingang des Upper Antelope Canyon. Leute, ein Ort, wie ihn nur Feen erschaffen können. Schaut selbst.

236 Fotos und die Rückfahrt auf der bumpy road später, war unsere nächste Etappe der Bryce Canyon. Auf dem Weg dorthin Berge, Felsformationen und Steinbrocken in den unterschiedlichsten Formationen, Farben und Anmutungen. Eben noch weite Ebene mit roten Sand und kleinen Sträuchern, einen Augenaufschlag später meterhoher weißer unberührter Schnee, der in der Sonne glitzerte. In dieser Schnelligkeit hätte ich nicht mal eine Exceltabelle anlegen können.

Als wir am Sunsetpoint im Bryce Canyon Nationalpark angekommen waren, wurden mir drei Dinge klar: Turnschuhe waren keine gute Wahl, Schnee kann in die Hosenbeine krauchen und die dünne Luft hier oben macht das Gehirn weich. Wie sonst ist es zu erklären, dass man freiwillig auf einen kniehoch mit Schnee und Eis bedeckten Pfad, der nicht breiter als zwei Meter ist und auf deren Seiten es metertief in den Abgrund ging, unbedingt bis zur Spitze des Felsens laufen wollte. Ausrutschen, umknicken oder einfach nur vom eisig kalt pfeifenden Wind weggeschubst zu werden, hätte einen Freiflug mit spektakuläreren Luftaufnahmen bedeutet. Handläufe, Zäune, Absperrungen – Fehlanzeige. Einfach nur der Canyon und du und ein paar Verrückte vor Dir. Und der Ausblick, der es Wert war.

gefahrene Kilometer: 266
Route: Page, Antelope Canyon, Glen Canyon Dam, Lake Powell, Bryce Canyon

Wetter: Page, 9 Grad, Sonnenschein und blauer Himmel — Bryce Canyon City, -12 Grad, Sonnenschein und blauer Himmel

Tag der Natur.

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Natur.

Die Natur besteht nicht aus Duroplast, E320, Polyacryl, Glutamat oder Polyvinylchlorid.
Natur ist der in Nebel eingehüllte Grand Canyon, sind tanzende Schneeflocken, der durch den Wald schleichende Fuchs, Morgenröte, Hirsche, die an Bäumen zupfen, funkelnde Eiskristalle oder das Farbspiel des Colorado Rivers im Horseshoe Bend.
Natur ist leise (super, hier kann man seinem Tinnitus besondere Beachtung schenken).
Natur ist Klarheit, Weite, Kraft und Zartheit.
Natur ist umwerfen, atemberaubend, verzaubernd.
Natur ist bedingungslos und überraschend. Stapft man eben noch bis zum Knie durch Schneeberge, steht man nur 200 Meilen später auf einer frühlingsfrischen Ebene.

Ja, die Natur ist ne tolle Erfindung, es sollte mehr davon geben.

Die Naturtouristen Olli und Monika.

gefahrene Kilometer: 332
Route: Tusayan, Grand Canyon, Eart Rim Drive nach Page, Horseshoe Bend

Wetter: Tusayan, Grand Canyon: -7 Grad, Schnee — Page: 9 Grad, strahlender Sonnenschein

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Die Situation: Sechs Elitestudenten einer hiesigen Universität fahren in ihren Sommerferien in eine einsame Blockhütte mitten in den Bergen. Abseits von jeglicher Zivilisation, Beautysalons und Handyempfang. Auf dem Weg dorthin durchqueren sie durch Wälder, fahren vorbei an verlassenen Ortschaften mit zerfallenen Häusern, rostigen Autowracks und stillgelegten Tankstellen. Chantal, das Mädchen mit den langen blonde Haaren, der perfekten Figur und der von ihrem Vater neu modellierten Nase, möchte einen Kaugummi und schlägt vor, bei der nächsten Gelegenheit anzuhalten. Die sechs Studenten singen, tanzen, diskutieren und stimmen dagegen. Der linke Autoreifen platzt. “Ob Chantal damit was zu tun hat”, fragt sich Kevin als er versuchte, den Jeep Wrangler seines Vaters auf der unbefestigten Straße zu halten. Nun blieb ihnen keine Wahl, und Chantal war ihren Kaugummis ein Stück näher. — Dort vorn war ein Haus. Davor ein quietschendes Hängeschild mit der Aufschrift “Out of Gas” und “Hier keine Kaugummis”. Es war verfallen und wenig einladend. Du ahnst, was jetzt kommt, und rufst: “Nein, haltet nicht an, fahrt weiter. Ich kenne solche Filme, dieser Ort ist nicht gut für eure Gesundheit.” Doch Chantal und die anderen 5 jungen Wilden können dich nicht hören. – Die Türglocke schellt als sie den staubigen Laden betritt. Im Hinterzimmer leise Geräusche eine zirpenden Glühbirne. Zwei tote Fliegen in einem vollen Milchglas. Während dessen schauen sich die anderen draußen um. Zerlegte Autos, ein totes Kaninchen, alte Autoreifen, leere Benzinkanister, ein rosafarbenes Tagebuch einer Studentin aus der Nachbarschaft. Aus der Ferne Hundegebell. Du wiederholst deine Sorge: “Leute, steigt ins Auto, macht die Türen zu und fahrt weiter. Hier wird es gleich ein furchtbares Gemetzel geben und Chantal wird sich mindestens zwei Fingernägel abbrechen wenn nicht sogar den ganzen Arm verlieren.” Keiner kann Dich hören.

In der nächsten Einstellung kannst du durch die drei Augen des Schlächters von Ville Valle sehen. Du hörst ihn schwer atmen und sein Sabber tropft auf seine blutverschmierte Gummischürze, die über seinen dicken, haarigen Bauch hängt. Sein rechtes Bein zieht er nach, ein unschöner Zwischenfall mit der Kettensäge. Seine Nägel sind ungepflegt und der Atem schlecht. Zähne und Haare hat er keine mehr, die radioaktiven Brennstäbe aus dem Schuppen könnten die Ursache dafür sein. Aber vielleicht war es auch altersbedingt. Egal. Wie die Geschichte ausgeht weist du. Nur so viel: Chantal wird ihre Kaugummis nicht bekommen.

Ja, auch wir sind heute an solchen Orten vorbeigefahren und … Alarm! Alarm! Alarm! … haben angehalten. Ein gutes Foto ist es immer wert, Risiken auf sich zu nehmen. – Als ich aus dem Wagen stieg, hörte ich mich leise sagen: Steig nicht aus und fahr weiter. Aber Mut ist immer einen Schritt nach vorn zu gehen, auch wenn man das Gefühl hat, den schlechten Atem des Schlächters von Ville Valle im Nacken zu spüren, vermutet, gleich einen Spaten auf den Kopf zu bekommen und an den Beinen in das nächste Erdloch gezerrt zu werden. Nein, nicht ängstlich aber Dank der zahlreichen Lehrfilme immer achtsam auf eine sich plötzlich öffnende Bodenluke, hab ich ein paar coole Fotos geschossen.

gefahrene Kilometer: 730
Route: Palm Springs, alte Route 66 über Kingman, Hackberry und Seligman nach Tusayan, Grand Canyon

Wetter: Palm Springs: 23 Grad, Sonne — Tusayan: -7 Grad, Schnee

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Die kalifornische Morgensonne, senile Bettflucht, die Zeitverschiebung oder der Hunger trieben uns aus dem Bett. Vermutlich waren es von allem 250 Gramm.

Eine riesige Platte voller frischer Früchte, Joghurt mit Müsli, frisch gepresster Saft sonnengeküßter Orangen, ballastreiches Vollkornbrot und lecker gut gereifter Käse – an einem wunderschön dekorierten Tisch in einem geschmackvoll eingerichteten Restaurant, durch dessen Tür ein Hollywoodstar in Zeitlupe schwebte, sich an einen weiß eingedeckten Tisch setzte und herzlich lachend einen Java Chip Chocolate Cream Frappuccino bestellte. – Das war definitiv an einem anderen Ort. Bei uns gab es 4.500 Kalorien zwischen zwei in Öl gebratenen Schinken-Käse-Toastscheiben. Dazu nen Kaffee. Die Tischdekoration reduzierte sich auf übereinander gestapelte kleine Marmeladenportionen in Plastikschälchen. Ein Filmstar ist nicht rein gekommen.

Auf nach Palm Springs. Knapp 200 km lagen vor uns und auf dem Weg ein Outlet. Neun von 10 Stimmen in meinem Kopf hörte ich noch sagen „keine gute Idee“. Die zehnte wimmerte irgendwas wie „hör nicht auf die anderen“ sehr leise vor sich hin. Ja, man muss auch mal der Minderheit eine Chance geben. Also, Augen zu und Karte durch. Und anschließend dem Kreditkartenunternehmen mitteilen, dass man unbekannt verzogen sei und aufwendige Recherchen der Mühe nicht wert wären.

Palm Springs ist ein nettes Örtchen, wären da heute nicht die grauen Regenwolken, die es hier eigentlich nur in homöopathischen Abständen gab und die 100% Luftfeuchtigkeit fallend von oben nach unten. Hier gibt es auch das berühmte Elvis-Haus und ein Museum mit alten aufpolierten Flugzeugen. Beides haben wir nicht gesehen. Weniger Outlet und dafür eine frühere Ankunft in Palm Springs wären die Lösung gewesen. Strafe muss eben sein.

gefahrene Kilometer: 262

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Nach durchzechter Nacht und mit wenig guter Laune wollten wir unseren Mietwagen in Empfang nehmen. Klingt einfach, ist es aber nicht. Nach einem 30 minütigen Videochat mit einer äußerst freundlichen Car Rental Kundenbeauftragten, der übrigens meine Haarfarbe sehr gut gefiel, etlichen Fragen hin und genauso vielen Antworten her, hatten wir ihn dann – unseren SUV Midsize, Modell Nissan und glänzenden Silber. Ausgestattet mit allem Komfort und einem Navigationssystem mit dem vielversprechenden Namen Neverlost.

Ja, Neverlost sollte uns schnell und unkompliziert an den Ort unserer Träume bringen, unserem Bett in einem nur 4 Minuten vom Flughafen entfernten Hotel, eigentlich fast gegenüber der Autovermietung. Nach 20 Meilen auf verstopften Freeways in südlicher und ebenso vielen Meilen auf verstopften Freeways zurück in nördlicher Richtung bekam das Gerät seinen neuen Namen: Everlost. Schon nach nur 90 Minuten Irrfahrten im nächtlichen Los Angeles, vorbei an zahlreichen Baustellen und Straßensperrungen sind wir endlich angekommen – in unserem frisch bezogenen Bett gegenüber unserer Autovermietung. Gute Nacht.

gefahrene Kilometer: 85,6

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Ich war sehr froh, daß es Kapitän Marshall mit den Landekoordinaten nicht so genau genommen hat. Andernfalls wären wir mit unserem nigelnagelneuen A380 vermutlich im Straßengraben zum Stillstand gekommen oder hätten uns in den Volleyballnetzen von Venice Beach verfangen. – 19:04 Landung in Los Angeles, Kalifornien.

Der Flug war lang, seeehr lang. Ich hatte mir „Hangover III“ bereits vollständig anschauen können, bevor wir überhaupt gestartet sind. Die folgenden 11 Stunden vergingen definitiv nicht wie im Fluge. Daran konnte auch der gut aussehende Passagier auf G71 nichts ändern, mit dem ich stundenlang flirtete und dem ich alte Geschichten aus meinem jungen Leben erzählte. Nachdem ich meine Kontaktlinsen zum Frühstück wieder eingesetzt hatte – guckst Du – es saß der Olli auf G71 🙂

Ja, der Flug war sehr, seeehr lang. Und hätten die Stewardessen morgens um 2:30 Uhr nicht den grandiosen Einfall Eis am Stiel in fürchterlich laut knisternden Verpackungen zu verteilen, dann hätte ich sogar 30 min am Stück schlafen können. Nein, Schlaf war mir auf diesem Flug nicht vergönnt.