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Ein Tag vollgepackt mit Highlights, Superlativen und einem Guide, der weiss, wie man Mädchen glücklich macht. Ein Tag, der unvergesslich in Erinnerung bleiben wird.

Imran, aus Pakistan. Charmant, ansteckendes Lächeln, leichtes Lispeln. Aber das hört man nicht, wenn man in seine grauen Augen schaut. Damit wäre dies der eindeutige Beweis für die These: Hast Du Kopfschmerzen, hau dir mit dem Hammer auf den großen Zeh. 

Imran war der Meister unter den Tourgides. Mit Geschick, hoch angesiedeltem Humor und fundiertem Fachwissen manövrierte er das 5köpfige Reisegrüppchen durch die Highlights der islamischen Kultur. Er war der dreibeinige Hund von Abu Dhabi, hatte unter jedem Hügel einen Knochen vergraben und wußte genau, wann er ihn ausgräbt und mit wem er ihn teilen wollte. Imran ist der George Clooney der orientalischen Tourismusindustrie und meine Prognose lautet: wenn die Emirate noch mehr Inseln bauen, dann wird Imran bald auch den europäischen Markt vollständig überrollen.

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Der Monorail brachte uns auf die Palme. Bis zum Hotel Atlantis. Dort warteten neben unglaublich leckeren Eiskreationen, sagenhaft kitschige Geschenkartikel zu Preisen eines zweiwöchigen Wellnessurlaubs und jede Menge Attraktionen für Wahnsinnige auch wieder die zauberhaft orientalischen Geruchsexplosionen auf meine durchaus überhitzten Riechzentren. Ich bin der Übermäßigkeit und der Fülle von Allem trotz gestrigem Trainings heillos überfordert. Ich habe Kopfweh. Mein Heiligenschein drückt.

Wäre ich in meinem Leben irgendwann irgendwie anders abgebogen, hätte ich das Burj al Arab nicht vom kilometerentfernten Eingangstor fotografieren müssen, sondern wäre mit meinem Helikopter auf dem Dach des 7-Sterne-Hotels gelandet, hätte in meiner 780 qm großzügigen Royal-Suite meinen Nachmittagstee mit Daniel Craig und lustig bunten Macarons zelebriert, später zusammen mit meinem Butler die steuerbaren Cashmerevorhänge ständig auf- und zugezogen und den anstrengenden Tag zum Sonnenuntergang im Jacuzzi mit einen Glas Bombay Sapphire Revolution friedvoll ausklingen lassen.

Zur Realität habe ich nur noch sporadisch Kontakt.

Wetter: 25 Grad, schönes Wetter
Route: von Dubai nach Abu Dhabi, VAE

Ausflüge auf eigene Faust bedürfen der äußerst konzentrierten Vorbereitung. Ein flüchtiger Blick auf eine Karte ist schon ein guter Beginn, jedoch hätte das gewissenhafte Lesen der Legende helfen können zu erkennen, dass es durchaus auch weitere Varianten zur üblichen Meterangabe gibt. Im Land des gelebten Gigantismus und der Superlativformulierungen wie „World´s biggest, largest, highest, longest, widest…“ wird eben nicht mit dem Meterangaben gearbeitet sondern in Fußballfelder gemessen. 1m gleich 5 Fußballfelder – oder so. Und so wurde der einst so zauberhaft visualisierte kurze Spaziergang zum Gewürz-, Parfüm- und Goldmarkt entlang des Hafens zu einer 45 minütigen Taxifahrt durch einen Bruchteil des Ausmaßes von Dubai.

Die Gerüche des Marktes waren nicht minder Raum einnehmend wie die zahlreichen Händler, die Prada-, Gucci- und Valentino-Taschen preiswert anboten. Gewürze in den schillerndsten Farben, Safran, Rosen, Anis, Vanille, Zimt, Muscat, Kardamom, Kurkuma, Curry oder Nüsse, Feigen, Wurzeln – alles hübsch für den Touristen zurecht drapiert. 

Irgendwo zwischen Moschus, Amber, Patschouli und Bergamotte, Sandelholz und Zeder habe ich meinen Geruchssinn vollständig verloren. Was sich als eine äußerst hilfreiche Notfallmaßnahme herausstellte, um den Parfümmarkt nicht als Zombie zu verlassen. Ja, ich bin dankbar dafür, dass mein Körper auch ohne mein aktives Zutun für mein Wohlergehen sorgt.

Wetter: 26 Grad, Sonne satt

Bircher Müsli ohne Löffel zu essen geht bis zu einem gewissen Punkt gut. Dann aber kommt die Gewissensfrage.

Also, wo bekomme ich einen Löffel her? Ich habe mehrere Möglichkeiten kurz gedanklich überschlagen:

  1. Aufstehen und selbst einen holen. – Kommt so gar nicht in Frage!
  2. Katja unwiderstehlichen Appetit auf einen lecker Kamillentee zu suggerieren und ihr das Briefing für die Task Force „Löffel“ mitzugeben. – Fällt aus, wegen möglicher Kapazitätsüberschreitung ihres schwächelnden Fußes.
  3. Guuuuuute Idee, einen vorbeigehenden Gast fragen, ob er wohl die Freundlichkeit besitzen könnte – seeeeeeehr gute Idee! Der Erste war zu alt, der hat mit großer Wahrscheinlichkeit nach schon an der ersten Türschwelle vergessen, was er mitbringen sollte. Der Zweite hatte körperliche Beeinträchtigungen, die das Heben eines Löffels ohne fremde Unterstützung nicht möglich machten. Die dritte und vierte vorbeilaufende Person, ich nenne sie liebevoll Hol-ma und Bring-ma, wollten sich für diese Dienstleistung angemessen bezahlen lassen. Was für eine Servicewüste!

Gut. Man kann auch mit einer Gabel Bircher Müsli bis zum Boden des Glasschüsselchens zu Ende löffeln. Es dauert länger, aber es ist machbar.

Wer einmal ausprobieren möchte wie es sich ansatzweise anfühlt, 5 Stunden am Stück durch Turbulenzen zu fliegen, der möge sich auf ein Dreirad setzen und den Mount Everest vom Gipfelkreuz zum Basislager 3 runterrollen. Sollte die Vorstellungskraft dazu nicht ausreichen, wäre die die Alternative dazu, sich in einen Eiswürfel zu versetzen, der in einem Cocktailshaker zwischen Proteinkonzentrat, Molkepulver, Sojaeiweiß und Aminosäuren Power Teil des Kraft- und Ausdauerprogramms von Dwayne „The Rock“ Johnson ist. Diese wenig erfreuliche Gesamtsituation brachte mich in hoch frequentierten Abständen dazu, an die längst vergessenen Gottheiten wie Tom und Jerry, Lucky Luke und Calimero Stoßgebete zu senden, und inständig um die Verbesserung Wetterlage der zu bitten. Vielleicht wäre ein geringfügiger arabischer Wortschatz oder wenigstens ein paar Bröckchen davon von unerlässlichem Vorteil gewesen.

Wetter in Dubai: 22 Grad, Sonne, blauer Himmel

Warnhinweis! Der nachfolgende Text ist lediglich eine überspitze Veranschaulichung eines möglichen Tages im Leben eines Eventmanagers. Er gibt weder Indiz auf die seelische Verfassung des Schreibenden noch ist er ein Hinweis auf bevorstehende Bewusstseinsstörungen. Er ist fiktiv und frei erfunden. Die Eventmanager unter der Leserschaft wissen, was ich meine 😉

In meinem Business ist man morgens bereits depressiv und fürchterlich schlecht gelaunt, um 9:30 stoned und bis 10:00 Uhr hast du mindestens 4 Lebenskrisen durchlebt. Die schweren natürlich. Nicht die nach dem Sinn des Lebens oder welche Sitzeschuhe besser zum Stehkleid passen. Nee, die laufen nebenbei und sind Grundrauschen. Um 10:30 Uhr hast du erste Selbstmordgedanken aber keine Zeit, dich um das nötige Equipment zu kümmern, den perfekten Platz zu finden, deine überarbeiteten Freunde -ach, richtig, du hast ja keine mehr- über deinen neuen Lebensabschnitt zu informieren und einen Abschiedsbrief zu schreiben.  Ach, Scheiß auf den Brief, der wird überbewertet, sollen die doch alle raten, warum. Hat man gleich auch eine Aufgabe hinterlassen. – Du nimmst kurzerhand davon Abstand und greifst erst einmal zum Alkohol. Der inspiriert. In Verbindung mit bisher nicht erprobten medizinischen Wirkstoffen, die gern auch zur biologischen  Kriegsführung eingesetzt werden, wird sich deine Stimmung sicher heben. Hm. Tut sie nicht. Essen, essen könnte helfen. Quatsch, Emulgatoren und E31 schaffen das ohne diesen Biokack drumrum. Man muss sich eben auf das Wesentliche beschränken. 12:00 Uhr. 1/3 des Tages hast du überlebt. Ein gutes Zeichen. Läuft. Andere schwimmen um diese Zeit schon tot im Rhein. Oder liegen wenigstens zur Not-OP auf dem kühlen Metalltisch und schinden damit ein paar Minuten.

12:05 Uhr. Macht es Sinn, sich das Nasenspray auch mal in die Vene zu drücken? Die Google-Recherche mußte abgebrochen werden, eine spontanes 4tägiges Meeting in Singapore wurde via whats app in die Bekloppten-Idioten-Vollpfosten-Ichkannniemalsneinsagen-Gruppe geschickt. Toll, weitere 135 Stunden für heute in den Kalender eingetragen. Läuft.

Kack, wieder vergessen beim Arzt nach dem Befund zu fragen. Eh egal, heute morgen hatte ich ja noch den Gedanken etwas kürzer zu treten. Der wird sich schon melden und wenn er Glück hat, mich sogar noch erreichen.  Aber vielleicht hat er 2009 auch schon seine Praxis geschlossen, man weiss es nicht.

12:10 Uhr. Schneller Selbstversuch mit WC-Reiniger. Ich sehe sprechende Spaghetti im Handwaschbecken. Gar nicht so übel und läßt die Stimmung auf das Maximum ansteigen. Notiz: unbedingt meinen Freunden über die guten Nebenwirkungen berichten. PS: dringend und noch vor 11:35 Uhr neue Freunde suchen, Haltbarkeit: für die nächste halbe Stunde. Mehr Zeit steht nicht zur Verfügung.

14:51 Uhr, zu dieser äußerst ungünstigen Zeit überkommt dich ein Burnout. Verdammt, so völlig unvorangekündigt. Hätte ich das planen können, dann hätte ich das zeitlich auf 17:24 eingetaktet. Zwischen Koffer packen und Taxi bestellen ist ja nun wirklich noch ausreichend Zeit!

Was! 17:23 Uhr? Wo ist die Zeit geblieben. Eben lag ich doch noch depressiv im Bett und jetzt ist schon früher Nachmittag? Verdammt! Ich muss dringend an meinem Zeitmanagement arbeiten. Notiz: am Zeitmanagement arbeiten. Nee, wieder durchstreichen. Keine Zeit für Banalitäten. Muss so gehen. 

23:30 Uhr. Es ist so still. Könnte es daran liegen, dass alle schon weg sind? Egal, Hauptsache die haben den WC-Reiniger nicht mitgenommen. Oh da steht ein Einhorn auf dem Flur. Mitten im Weg! Sag mal, wo kommst du denn her? Ich hab dich das letzte mal auf einer pinkfarbenen Postkarte gesehen. Und da hattest du diesen aufregenden Wimpernaufschlag. Los, mach mal! Und dann lass uns an das Ende des Regenbogens reiten. Ich nehm die 5 Konzepte mit, die schreib ich auf dem Weg, telefoniere dabei noch mit NY und Hongkong und organisiere mal eben 6 Grossveranstaltungen. Läuft!

Ja, richtig, können wir noch einen sekundenschnellen Stopp bei mir zu Hause machen, da müssen noch Lampen und Bilder angebracht, diverse Möbel ausgepackt und Müll entsorgt werden. Die Familie ruf ich später an und essen kann ich morgen oder übermorgen.  Ach, ich wollte eh noch zwei bis sechs Kilo verlieren.

4:30 Uhr. Wieder gelandet. Müde. Kann nicht schlafen. Schreibe. Schau in den Spiegel. Feenstaub im Gesicht. Schwarze Augenringe, hui, das ist die erste gute Nachricht und ein dezenter Hinweis auf die heutige Garderobenwahl. Schwarz, passend zu den Augenringen und zur Stimmung des Tages.

Ich brauch Urlaub. 1-2 Wochen. Blöde Autokorrektur! Woher kommt der Bindestrich?

Mit meinen ausgereiften Arabischkenntnissen bin ich in der Lage, mich fließend mit einen Koi-Karpfen über das Wetter und die Sehensürdigkeiten der Emirate auszutauschen, mein sorgfältig zusammengestelltes Medikamentenpotpourri wurde vom Gesundheitsminiterium der VAE geprüft und hat eine Einreisegenehmigung erhalten, die aktuellen Preise für Gold und Diamanten sind verglichen und schnell abrufbar in einer formschönen Excel protokolliert. Jetzt werde ich nur noch mal eben das Sanitätshaus meines Vertrauens besuchen, um mir farbenfrohe Kniebandagen zu kaufen, denn der einheimische Knigge sagt: nackte Knie möchte dort niemand sehen. Schade, eigentlich, dann das ist mein einziges Körperteil ohne Fettgehalt.

Im Kühlschrank war nur noch Veganes zu finden: Licht.
In weiser Voraussicht dessen, hat das Universum eine Dönerbude in Rufweite positioniert. Eine von denen mit den bunten Lichterkettchen die ganzjährig hektisch blinken, bei denen das türkischem Teleshopping pausenlos Kamelhaardecken verschleudert, und bei dem die bunt gemischte Auslage im Neonlicht gleich noch viel attraktiver aussieht. Also, schnell die Schlappen an und rüber zum Dönermann meines Vertrauens:

Einen Döner, bitte.
Mit alles?
Dativ! Schon mal gehört?
Gibts nicht. Nur Kraut, Tomate, Gurken, Zwiebel.

Ja, ich weiß warum ich den Wedding lieben gelernt habe.

9:05 Uhr.
Die Musik spielt Improvisations-Jazz und meine aufstrebenden Ohrhärchen flehen um Gnade. Keinesfalls! Diese Liege gehört mir!

Es ist immer noch niemand weit und breit zu beobachten, über den man realitätsnah berichten könnte. 

Oh!!!!!
Würde ich mich in der gleichen Matrix wie dieses Pärchen bewegen, wäre die musikalische Untermalung der folgenden Szene zart romantisch bis leicht heroisch: Sie trägt einen Sonnenhut, den man von Safaris in Südafrika kennt, eine bunt geblümte 3/4 Hose von C&A und ein hellgrünes Strickjäckchen mit güldenen Knöpfen. Er ist Endsechziger und klassisch gekleidet. Blau in blau kartiertes Hemd mit kurzen Ärmeln, einer dunkelblauen Jeanshose vom Armani und helle Segeltuchschuhe. An der linken Hand eine schwere goldenen Uhr. Sie gehen zur Reling. Er breitet sanft ihre Arme nach Back- und Steuerbord aus. Sie ist noch schüchtern. Er flüstert ihr etwas ins Ohr. Ich glaub: „Ich bin der König der Welt!“ oder so und nun stehen sie beide wie das berühmte Pärchen Fred Astaire & Ginger Rogers aus der berühmtesten Filmsequenz ever am Heck des Schiffs, haben seichte Klänge von Celine Dion im Ohr und lassen sich den Fahrtwind um ihr weißgelocktes Haar wehen. Hakuna Matata.

9:34 Uhr
Die Bevölkerungsdichte nimmt zu.
Ich überlege Eintritt zu erheben.

11:36 Uhr
Ein eruptionsartiges Niesen von der Nachbarliege reißt mich aus den Energiesparmodus. Ich erfahre ungewollt, dass -nennen wir sie Gudrun- keine Sonnencreme hat. Viel zu laut und viel zu oft wiederholte sie diesen für sie inakzeptablen Zustand, sodaß es mir fast ein Inneres Bedürfnis war, ihr auszuhelfen. 

12:05 Uhr
Ich hab Zeit. Wo gibts gerade nichts zu tun?

13.45 Uhr
Wer hat die Kekse vom Kinderbuffet hier her gestellt!

13:59 Uhr
Wo sind die Kekse vom Kinderbuffet?

16:09 Uhr
Aufgewacht.

16:10 Uhr
Wo hab ich bloß den Tag verloren?

Kennst du das, wenn du morgens aufstehst und topfit bist? Ich auch nicht.

8:14 Uhr. Die Sonne scheint! Was soll ich so früh machen? Photosynthese?

Nein! Eine Sonnenliege okkupieren! Als ordentlicher Deutscher hätte ich bereits um 6:30 Uhr die schönste aller Sonnenliegen mit 2 Handtüchern, Badelatschen und einer Deutschlandflagge als meinen Besitz gekennzeichnet. Aber als unausgeschlafener Urlauber (es ist vor 12:00!!!) reicht auch 8:14 Uhr. 

Ich war überrascht! Außer den Liegenaufstellern und zwei Joggern war niemand weit und breit zu sehen! Dachte ich doch, es gibt die senile Bettflucht und den Schlussverkauf auf Sonnenliegen am letzten Tag. Oder ist gar Taschenausverkauf bei Valentino und Guess? 

Ich bin überfordert. Ich habe die Auswahl aus ungezählt vielen Liegen und geflochtenen Betten, mit Sonne, ohne Sonne, neben der Dusche, neben dem Pool, an der Bar, neben der Bar, unterhalb der Bar, an der Reling, Backbord, Steuerbord, in Fahrtrichtung und dagegen. Ich könnte nun alle 30 Sekunden meine Liege wechseln um die eine zu finden, die mich heute den ganzen Tag in den Schlaf schaukeln wird. 

Da ist sie! Ich werde mir jetzt einige Tensatoren organisieren und sie als mein Hoheitsgebiet abstecken. Ich werde eine ganze Stadt auf ihr errichten. Nein, was sage ich, ich werde einen Kontinent erbauen, Zivilisationen ansiedeln und Ackerbau und Viehzucht betreiben. Ich werde Tomaten anpflanzen und Ruccola.

Ich werde jetzt erst einmal ein oder zwei Stündchen schlafen.

Route: von Stavanger nach Hamburg
Wetter: Sonne, etwas zu frischer Wind für Bikini und Badelatschen

Das Meer ist glatt wie ein Spiegel. Tieffliegende Möwen können entspannt noch einmal ihre zerzausten Federn zurecht zupfen, bevor sie mit flehendem Blick auf Deck 16 den Frühstückstisch bestaunen. 

Wale könnte man sogar mit müden Augen erkennen, wären welche da. Sind sie aber nicht. Achtung Wortwitz: Vielleicht sind die alle bei einer Wahlversammlung.

Wir sind auf dem Weg nach Stavanger. Maik on demand (eine der Öffentlichkeit nicht zugängliche Informationsquelle für Insiderwissen), lenkte meine Aufmerksamkeit auf einen Übeltäter, der unverdrossen seine Geschäfte auf dem Stavanger Golfplatz verrichtet, den Lochscheißer von Stavanger! (bedauerlicherweise kommt die Betitelung nicht von mir.)

Bevorzugt in Loch 3, vermutlich weil er nicht weiter zählen kann, hinterläßt er seine Visitenkarte wenig optischer Schönheit. Seit mehr als 10 Jahren versucht man den Serienscheißer zu überführen. Täterprofile, Flutlichtanlage und Videoübertragung haben bisher nicht zum Ziel geführt. Selbst Nick Knatterton, Miss Marple und Tim und Struppi ist es bisher nicht gelungen, den Täter zu entlarven. Aber jetzt, heute, später, nachher, bald! Supergirl, die Bändigerin eines Huskyschlittens, die Finderin von fossilen Abdrücken in einem Haufen von Steinen, die weltbeste Fotografin und Blogschreiberin, die, die eine Möwe mit einer Taube verwechselt und seit Tagen denkt, wir sind in Finnland unterwegs. Ja, Supergirl wird in die norwegischen Geschichtsbücher eingehen und den Lochscheißer von Stavanger entlarven!

Es ist der Gärtner!

Jean-Jacques ist ein Kreuzfahrttourist wie jeder andere auch. Nun, vielleicht ist er etwas anders, sagen wir, ein wenig mehr anders. Jean-Jacques ist äußerst extrovertiert und möchte gern allen zeigen was er nicht kann. Tanzen zum Beispiel. Und so fieberte er auf den Talenteabend hin, bei dem er präsentieren durfte, was keiner sehen wollte: Einen selbst choreographierten Tanz mit einem roten Fächer! Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit uns auf der Showbühne: Jean-Jaaaaaaaaaaacques!

Beweglich wie ein Mikadostäbchen, blitzschnell wie der in den Regenwäldern Südamerikas beheimatete Bradypus Tridactylus (für Neugierige: die Maximalgeschwindigkeit dieses sich äußerst gemächlich fortbewegenden Dreifinger-Faultiers beträgt 2,4 m pro Minute) und so überraschend wie jedes Jahr das Weihnachtsfest vor der Tür steht, verkörperte er die einzigartige Schönheit des ausdrucksstarken Contemporaries gepaart mit männlichem Testosteron. Seine geschmeidigen Bewegungen, die die eines Schwerlasttransportes ähnelten und der Gesichtsausdruck eines kampferfahrenen Ninjas ließen das Publikum ehrfürchtig erstarren. Wie leichtfüßig er den roten Fächer durch die Luft wirbelte und dabei dem Publikum suggerierte kurz vor dem epileptischen Anfall zu stehen – großartig! Wir alle durften Zeitzeugen eines Jahrhundertauftritts werden. 

Mir erschienen die leichtfüßigen Bewegungen wie die Gebärdensprache eines überfahrenen Eichhörnchens, aber ich bin ja auch nicht Maßstab dieses sehr leicht zu unterhaltenden Publikums.  

„Hier spricht Kapitän Niveau: Wir sinken!“

Bedauerlicher Weise wurde Jean-Jacques exzellente Darbietung von einer Durchsage des Kapitäns unterbrochen. Ich vermute sehr stark, er sah die Liveübertragung auf seinem Navigationsmonitor und musste pflichtbewußt einschreiten. Aber was war interessanter als dieses künstlerisch ausgereifte Manifest des Ausdruckstanzes? Die Landung eines Helikopters auf dem Schiff. Jean-Jacques´ äußerst unterhaltsames Abendprogramm war in diesem Fall schon Geschichte, das hoffentlich im Logbuch der MSC Meraviglia seinen verdienten Eintrag findet: Jean-Jacques, der Superstar des nördlichen Polarkreises. Jean-Jacques, der Eisbär unter den Robben!

Route: von Hellesylt/Geiranger nach Stavanger
Wetter: man sagt 28 Grad, ich denke es waren um die 25,5°

Es geht weiter. Inzwischen bin ich auf meinem roten Kunstledersitz festgeklebt. Die Franzosen grölen laut lustige Lieder, ich singe leise für die Kroaten vor mich hin. Kroaten vor, noch ein Tor! Das habe ich von den Drittligisten-Spielen gelernt. 

Ich finde die Kroaten-T-Shirts immer noch schöner. Blau war noch nie meine Farbe. 

Was duftet denn hier so lecker. Popcorn! Wo ist der kleine blonde Junge mit dem rosafarbenen Baiserkeks. Der könnte mir jetzt mal schnell eine Familienpackung bringen. Wo ist denn diese kleine Radaubeule?

Was ist denn verdammt noch mal so schwer daran noch ein Tor für die Kroaten zu schießen. Kroaten vor, noch ein Tor! 

Pepsi. Pepsi wäre auch gut. Da läuft gerade eine Tüte Popcorn an mir vorbei. Ich dreh durch. ich bin deutlich unterzuckert und die Kroaten schießen kein Tor. 

Dafür aber die Franzosen. Mist!

Ok, jetzt bin ich raus. Meine Gegenwette ist damit erledigt. 

Das 4:1 ist nicht mehr zu akzeptieren.

Ich hole mir jetzt eine übergroße Tüte Popcorn und ne Pepsi. 

Ich sitze im Sportplex Deck 16. Hier auf dem Fußball- Volleyball-, Handball-, Tennis- und sonstiger Sportarten-Platz schaue ich das Finalspiel Frankreich-Kroatien. Die Franzosen sind hier eindeutig übermächtig und versuchen ihr Team zum Sieg zu grölen. Ich bin umringt von ihnen und werde in den nächsten 90 Minuten meinen persönlichen Französisch-Intensivkurs starten. Ich habe auf Kroatien gesetzt und bin damit der klare Aussenseiter. Oh es gibt noch 2-6 andere, die sich gerade über das Franzosentor fürchterlich ärgern. Es ist ja noch nichts verloren, die Kroaten können noch ihre 2 Tore schießen.

Da kommt ein kleiner Junge mit einem dieser lecker rosafarbenen Baiserkekse. Ich überlege kurz, ihm diesen aus der Hand zu schlagen, danach zu schnappen und auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren. Schließlich esse ich seit heute nichts mehr, was Spaß macht, da inzwischen auch mein Kleid nicht ausreichend Stretchanteil besitzt sich meinem Körper anzupassen. Statt Pancakes (Mehrzahl) mit Ahornsirup, Spiegelei und lecker frisch gebackenen Brötchen gab es heute ein winzig kleines Omelette mit Tomatenatome, im einstelligen Bereich abgezählten Obststückchen und warmen Frühstücksbrei. 

JAAAAAAAAAA! Ein Tor der Kroaten! Es sind offensichtlich doch mehr Fans da als ich vermutet hatte! Das Schiff bebt. Ich bebe mit. Ich entscheide mich, dem kleinen Jungen nicht den rosaroten Baiserkeks wegzunehmen. Ich bin zu euphorisch über dieses Tor. Tooooooooor!

Mist! Die Franzosen haben wieder einen Ball versenkt. Ich entscheide mich um und werde dem kleinen Jungen nicht nur den Keks aus der Hand reißen, sondern ihn auch gleich verprügeln. 

Die T-Shirts der Kroaten sind viel schöner.

Verdammt! Wo ist denn mein Baiserkeks hin?