Olli und ich waren pünktlich um 8 Uhr die letzten am reichhaltig gefüllten Frühstücksbuffet. Völlig entspannt, friedlich gestimmt stand ich schlaftaumelnd vor dem Kaffeeautomaten und rang mit mir, welches Getränk wohl heute optisch besser zu meinem bunt gemusterten Plastikteller passte. Ungeahnt bahnte sich von Nordnordwest Unheil an. Eine rüstige Rentnerin mit unaufhaltsamem Stechschritt drängte mich mit ihrem knochigen Ellenbogen und ihrem tödlichen 4711-Geruch rücksichtslos in Abseits. Als wäre das nicht schon übel genug gewesen, strafte sie mich mit ihrem stechenden Blick noch einmal ordentlich bevor sie das Wasserloch verließ. Ja, es ist traurig, aber tatsächlich kein Einzelfall. Beobachtungen der letzten Tage haben deutlich gezeigt, dass Futterneid in Verbindung mit hohem Alter ungeahnte Kräfte freisetzt. Und damit sei der Ausspruch bewiesen: je oller, je doller.
Wäre ich nun meinem inneren Drang gefolgt, hätte ich ihr den Krieg erklärt. Sie ebenfalls geschubst, ihr wenigstens an den grauen zottligen Haaren gezogen oder die kleinen dürren Fingerchen verdreht. In diesem Fall wäre ich sicher als rücksichtsloses Miststück in die Kreuzfahrtgeschichte eingegangen und hätte laut Bordmanifest den Rest der Reise im Maschinenraum verbringen oder wenigstens in der Kombüse Kartoffeln schälen müssen. Nun, ich besann mich also eines Besseren, blieb ruhig und schwor gnadenlose Rache. Entkommen konnte sie mir ja nicht. Vielleicht nehme ich ihr morgen einfach das letzte Spiegelei vom Buffet oder schiebe einen Drohbrief unter ihrer Kabinentür durch. Ich könnte auch jeden Tag das „Bitte nicht stören-Schild“ von der Tür stehlen oder noch besser … ich melde sie einfach bei der heutigen Karaoke an. So!