Nachdem Olli ja gesundheitlich auf dieser Reise nicht den Joker gezogen hat – ich fasse gern noch einmal übersichtlich zusammen: verdrehter Fuß, bilderbuchhafte dicke Mandeln, ein kleiner Kreislaufabsturz in der senegalesischen Wüste und eine Aufschlagstelle eines Sonnenschirms an seinem Kopf – wurde es Zeit für einen Plan B. Ich brauchte eine Krankenschwester in unserer Nähe. Nicht nur um die Arztkosten zu senken, sondern um auch mal schnell ne Frage stellen zu können: Was tun bei Nackenschmerzen, ausgerenkten Rückenwirbeln, Wundliegen oder schlechter Musik im Poolbereich?
So eine mit kurzem, weißen Kleidchen, langem wallenden, naturgelockten, blonden Haar, Steichholzbeinchen und Modelmaßen sollte es keinesfalls sein. Ich dachte da eher an was handfestes, bodenständiges, unueberhör- und sehbares. Also fünf Konfektionsgröße 0 tragende Krankenschwestern in einer.
Mein Blick schweifte umher und scannte jeden der auf Deck 12 rumlungernden Gäste. Wer von diesen Sonnenanbeterinnen könnte eine Ärztin sein oder wenigstens eine Krankenschwester? Tierärztin? Oder meinetwegen auch ein Samariter. Eine Ärzteromanleserin kam von vorn herein nicht in Frage. Die Damen, die in der Mittagssonne brutzeln und schon leicht nach Schmorbraten rochen, schloss ich ebenfalls aus.
Also mal schnell durch den Schatten geschaut. Aahhh, wie wäre eine Bekanntschaft mit diesen beiden Ladies. Sie erfüllten optisch die Anforderungen, hatten immer einen besorgten Blick wenn Gäste ab 75 Jahren an ihnen vorbeischlichen und beobachteten sorgfältig die Sonnenliegen, immer auf den Sprung, in sekundenschnelle erste Hilfe zu leisten. Ja, da waren sie also – mein lokalisierter medizinischer Notfalldienst. Ein annäherndes „Hallo, darf ich mir mal ihr Salz ausleihen und sagen sie, sind sie zufällig in der medizinischen Branche tätige“ war der Beginn eines lustigen Nachmittags. Ein Jackpot! 2 Krankenschwestern aus München. Ihr Gebiet Gefäßchirurgie, Amputationen, und so. Ich will da mal nicht so wählerisch sein. Sicher kannten sie sich auch mit Allgemeinmedizin aus. Sie schienen jedenfalls ihren vollständig gefüllten Erste-Hilfe-Koffer direkt unter dem Kopfkissen bereitzuhalten. Iich vermute sogar stark, dass sie auch einen Defibrillator im Gepäck haben.
Geschafft. Olli war nun in Sicherheit und würde im erneuten Krankheitsfall erstklassig ärztlich versorgt werden. Und ich kann mich nun wieder entspannt dem Rumliegen hingeben.