Wenn dein Kabinensteward „Good night, Madame.“ sagt, weißt du, dass du nicht mehr zu den Mittdreißigern gehörst, die bis zum Morgengrauen in der Karaokebar „Best of Lady Gaga“ hoch und runter feiern. Ja, ich gebe offen zu, diese Erkenntnis hat mich ein wenig aus meinem derzeitigen seelischen Gleichgewicht geschoben.
Also – es gab 2 Möglichkeiten mit dieser Aussage erwachsen umzugehen:
Ich besuche jetzt das Videokonzert von Andre Rieu auf Deck 8, genieße den russischen Säbeltanz, wiege mich seicht in den virtuosen Klängen seiner unbezahlbaren Stradivari und fühle mich als Jüngste im Kreise der Weisen und Propheten. Ja, unter Blinden ist der einäugige König.
Oder ich buche sofort das komplette Beautyprogramm von links oben nacht rechts unten, das ganze dann noch einmal zurück und werde mich, wenn erforderlich, bis zum Frühstück an die Behandlungsliege ketten. Anschließend müssen mich die Beautyladies mit „Eure Hoheit“ anreden.
Oh, es gab noch eine dritte Möglichkeit: Ich haue dem Kabinensteward eine rein.
Option 3 habe ich verworfen. Dafür verwüste ich ab morgen jeden Tag meine Kabine, damit er mal richtig was zu tun bekommt. Da haben wir beide richtig Spaß.
Bei Option 1 war ich Nahe an der Versuchung, konnte aber mein seriösen Blick nicht finden.
Bleibt also Möglichkeit 2. Und mit ein wenig Realismus beleuchtet, blieb von meiner Idee lediglich eine intensive Tuch-Gesichtsmaske von Garnier übrig. Propylene Glycerol, Alkohol, Phenoxyethanol, Potassium Hydroxide, Sorbic Acid, Xantan Gum und noch sehr viel mehr vertrauenserweckende Inhaltsstoffe sollen es nun richten. 15 Minuten einwirken lassen, wird empfohlen. Blödsinn, das bleibt die ganze Nacht lang drauf. Auch wenn ich morgen früh so jung aussehen werde, dass ich nicht ohne Begleitung eines Erwachsenen reisen dürfte, meine Kabine verwüste ich trotzdem.