Ich möchte nicht sagen dass ich müde bin, aber wenn mich jemand schubst, ich würde liegen bleiben. Und es mir heute unbegreiflich, wie ich mich als Kind vor dem Mittagsschlaf wehren konnte. Vorhin habe ich mich gefragt, was hier so fürchterlich laut klappert,… es sind meine Augenlider, die immer mal wieder runter fallen und brutal aufschlagen. gkdjfdsjfhehkfmcngezgLKFUjfsjldkmdn: hui, da bin wohl eben eingeschlafen und habe mit meinem Kopf über die Tastatur gerollt. Ich bin der Natur sehr, sehr dankbar und finde es als äußerst vorteilhaft, dass Atmen ein Reflex ist.

Reykjavik.

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Ort: Reykjavik
Wetter: Fencheltee wäre das größere Übel

“BITTE NICHT DIE PFERDE FÜTTERN!” Vom Besitzer
“BITTE NICHT BEACHTEN!” Vom Pferd

Ja, die kleinen Racker auf ihren weitläufigen Weideflächen … immer zu einem Schabernack aufgelegt. Was soll Fury auch den ganzen Tag machen? Versteck spielen? Kuchen backen? Hufeisen schmieden? Islandpullover stricken? Nein, Black Beauty steht mitten auf der Wiese, läßt sich vom schroffen Wind die lange, zottige Mähne frisieren und wartet geduldig auf Touristen mit Berührungs- und Fotozwang um sich hingebungsvoll bekraulen zu lassen und als Dankeschön ungeniert in die Linse zu gähnen. Jolly Jumper kann sich selbst satteln, geht allein zum Schmied und holt auch schon mal die Wäsche aus dem Waschsalon. Mr. Ed kann sprechen. Und was kann das gemeine Islandpferd? Es steht mit dem ausdrucksstarkem Blick einer Amöbe bei der Zellteilung und der Ausstrahlung einer viel zu heiß gewaschenen Tennissocke meditativ wie ein buddhistischer Mönch in der Abendsonne auf seiner Koppel und ruht still und starr vor sich hin. Völlig uninteressiert am politischen Weltgeschehen, der Klimaerwärmung oder von isländischen Fest- und Feiertagen. Ja, das Islandpferd, ein unaufgeregter Geselle der den Schweigefuchs und die Meditation als Lebensqualität für sich entdeckt hat.

Route: Reykjavik, Akranes, Borganes, Reykholt, Hraunfossar und zurück, ca. 300 km
Wetter: viel Sonnenschein und satte 10 Grad, mal Wolken, mal Tröpfchen von oben, 9 Regenbögen

Island ist schön, berauscht und breitet sich ungezähmt und anmutig vor dir aus. Es ist perfekt mit jedem Schlammloch, in das man knöcheltief eingeatmet wird. Es beeindruckt mit jeder arktisch peitschenden Sturmböe, die dir ungebremst ins Gesicht schlägt. Vergessen sind die tiefen Löcher auf unbefestigten Straßen mit dem Ausmaß eines ausgewachsenen Kraters und bei denen man mit geschärftem Blick bis zum Erdkern schauen kann. Auch der auf dich einprügelnde Regen, der sich durch eine unachtsam geschlossene Stelle genüsslich durch die zahlreichen Stoffschichten frisst und nach wenigen Sekunden sanft die nackte Schulter berührt. All das ist vergessen, sobald du vor riesigen Eisbergen stehst, zwischen Felsen rumkletterst, auf das tobende Meer schaust, die erhabenen Wasserfällen mit ihren langen, glitzernden Eiszapfen bestaunst, die bunten Farben inhalierst oder einen Regenbogen siehst.

Grast da hinten auf dem Hügel etwa ein Einhorn?

Island ist schön. Und es wäre unangemessen mit einem abgebrochenen Fingernagel oder einer erröteten Hautunreinheit vor die Tür zu gehen.

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Route: Reykjavi, Þingvellir-Nationalpark, Geysir, Gullfoss, Kerid, ca. 300 km
Wetter: überall anders

Route: von Vik nach Reykjavik, ca. 250 km
Wetter: Sturm, Regen, Sonnenschein

Die gute Nachricht: die Hütte seht noch und das Dach ist wasserdicht. So wie es sich für mich darstellt, ist der isländische Wettergott ein depressiver Alkoholiker mit ausgeprägter Neigung zu finsterem Humor. Bei diesem Wetter würde nicht mal Amazon seine Drohnen vor die Tür schicken, auch nicht für Prime-Kunden. Aber … Regen ist erst, wenn die Lachse in Augenhöhe vorbei schwimmen. In diesem Sinne … Partyhütchen auf und ab dafür.

Ich mache mir ernsthafte Sorgen: Können Elfen schwimmen?

Wieso verkauft man für dem Islandtouristen Handwärmer, wenn Schwimmweste und Gummistiefel sehr viel nützlicher sind?

Warum gibt es Socken in Dosen aber keinen Sonnenschein in Tüten?

Oh, eben kam Noah mit seiner Arche vorbei und sagte, in 30 Minuten ist Abfahrt.

Route: Vik – Jökulsárlón Gletscherlagune und zurück, ca. 440 km
Wetter: noch mieser drauf als ich es bin

Ich dachte bisher, Orkan sei nur der Name meines türkischen Gemüsehändlers, der mir mit seinem zahnlosen aber freundlichen Lächeln die Süßkartoffeln wiegt und die weiße Plastiktüte mit einem Preisschild dekoriert. Orkan heißt auf isländisch frei übersetzt aber auch starker Sturm. Also ein sehr ausgeprägt wehendes Lüftchen, das den Islandpferden den Pony glättet und auf der Weide grasenden Schafen die Naturkrause aus dem Fell frisiert. Die steife Brise mit den nicht unerheblich kleinen und peitschenden Wassertröpfchen wirbelt einiges durcheinander und schiebt so manch hochgebautes Auto sanft von der Ringtraße. Natur ist ja ganz prima, aber muss es denn gleich so übertrieben viel auf einmal sein?

Vorausschau für die nächsten Tage: Graufilter brauche ich mir nicht vor die Linse setzen, hier gibt es naturgrau in allen Schattierungen.

Route: von Keflavik nach Vik, ca. 239 km
Wetter: erst gut, dann weniger gut, später desaströs

Island im Winter.

Globetrotter hat mit mir sein Jahresumsatzziel bereits Ende Februar erreicht.
Amazon hat kurzfristig beschlossen, mir eine eigene Packstation ins Haus zu stellen.
Bei ebay werde ich vermutlich in die Hall of bester Käufer aufgenommen.

Habt Ihr eigentlich eine Vorstellung wieviel Blogs, youtube-Filme, Erfahrungsberichte, Rezensionen, Vergleiche und Qualitätsprüfungen es zum Thema Thermosflasche gibt? Eine ganze Enzyklopädie könnte ich jetzt dazu verfassen und ich wünschte, ich könnte mein geballtes Wissen über dieses doch sehr unterschätze Thema weit verbreitet in die ganze Welt streuen.

Handwärmer, ein noch viel schöneres Thema! Unzählige Testberichte und Versuchsreihen mit unterschiedlichen Außentemperaturen durchgeführt von erfahrenen internationalen Expertenteams habe ich in den späten Nachtstunden aufgesogen wie der der Dyson V10 die Krümel von Frühstücksmüsli. Ich weiß nun alles über den Aufbau und die Funktionsweise eines Taschenwärmers. Daher habe ich beschlossen, mir noch schnell das notwendige Bastelzubehör aus dem Fachmarkt für den kleinen Elektroniker zu organisieren und das Gerät um ein Retina Display zu erweitern um darauf loderndes Kaminfeuer in bester 5K Qualität abzuspielen. Vermutlich werde ich nun eine nicht unerhebliche Mitschuld an der globalen Erwärmung und der unaufhaltsamen Gletscherschmelze tragen. Ich bin mir der Tragweite der Nutzung eines Taschenwärmers durchaus bewusst.

Die Rumflasche ist versiegelt. Die roten Wachsflecke auf den Badfliesen sind beseitigt. Der Schwimmtest im Meer ist erfolgreich abgeschlossen. Einen Fischer mit Boot ist gefunden. Und das alles vor 11 Uhr. Läuft.

Er strich gerade sein Boot mit weißer Farbe. Danach kämen blaue und rote Streifen. Seine dunkelbraune fast ledernde Haut war mit weißen Farbspritzern übersät. Er sprach englisch. Er sagt, er ist Fischer und fährt am Freitag wieder aufs Meer. Dann ist die Farbe getrocknet. Meinen Wunsch fand er äußerst amüsant auch wenn er ihn erst nach meiner fachlich sehr ausgereiften Demonstration auf dem Strand verstanden hatte. Freitag, versprach er mir, würde er die Flasche ihrem Schicksal überlassen. Irgendwo da draußen.

Mir ist nun klar, warum irgendwann einmal jemand eine Postkarte und die Briefmarke erfunden hat. Und damit schließt sich ein Kreis: Am ersten Tag auf Mauritius schaute ich mir die blaue Mauritius an und am letzten Tag verschicke ich eine Flaschenpost. Meine Briefmarke waren zwei Äpfel, eine Birne, ein schwarzer Kugelschreiber, eine Packung TicTac mit Mangogeschmack und eine 2 Euro-Münze. Der alte Mann hat sich darüber sehr gefreut.

Ort: Mauritius
Wetter: 28 Grad und leichter Wind

Die Tomatentarte zur Vorspeise war grandios, dann habe ich einen unglaublich guten Fisch gegessen, die Mango-Panna Cotta war Weltklasse. Ein Glas Rotwein bringt mich auf die grandiose Idee.

Ich google unter dem Suchbegriff „Wie verschicke ich eine Flaschenpost korrekt“. Ich finde detaillierte Bastelanleitungen, Tipps und Tricks zum erfolgreichen Versand. Diskutiert wird über Plastikflasche oder Glas, Flaschenfarbe und wie krieg ich das Ding wasserfest? Welche Tinte bleicht nicht in der Sonne und welches Papier eignet sich am Besten – dazu finde ich einen 6monatigen Langzeittest! Was schreibe ich eigentlich und was steck ich noch alles in die Flasche? Das Thema ist offensichtlich sehr umfangreich und bedarf einer äußerst präzisen Vorbereitung. Ich beschließe eine erste Testreihe im Pool zu starten.

Eine leere Rumflasche mit Schraubverschluss und eine Kerze zum Versiegeln bekomme ich aus der Küche. Papier ist unproblematisch. Ich habe mich für einen Bleistift entschieden. Wenn ich den Erfahrungswerten anderer Glauben schenken darf, ist Graphit ausreichend sonnenbeständig und überlebt Kugelschreiber und Filzstift. Das Equipment steht.

So… Was packe ich in die Flasche? Muscheln, die gibt es hier zur Genüge. Kleine Münzen, die ich von diversen Reise immer noch mit mir rum trage und die mich bei der Kleingeldsuche jedes Mal in den Wahnsinn treiben. Ich hab noch einen Geldschein der Seychellen und von Madagaskar. Und ein paar Straßsteinchen hätte ich auch noch im Angebot. Eine Sicherheitsnadel ist eine sehr schöne Idee und ein paar Teebeutel in den Geschmacksrichtungen Vanille, Kokosnuss und Golden Pekoe. Wattestäbchen und eine Nagelfeile. Und ein Mercedes-Benz Kugelschreiber. Das muss reichen.

Jetzt der Brief. Ich schreib wohl am Besten in Englisch. Oder male etwas. Ich bin noch unschlüssig.

Fertig. Ich hab beides gemacht.

Morgen früh muss ich den perfekten Platz finden. Wäre doof, wenn die Strömung sie gleich wieder ans Ufer trägt. Ich brauch eine Bootstour oder einen Fischer, der die Flasche mit auf sein Boot nimmt im irgendwo weit im Meer über Bord wirf. Das wird die eigentliche Herausforderung sein.

Welches Ding auch immer mich heute Nacht als Futtermeile genossen hat, es hatte Hunger. Sehr großen Hunger. Und vermutlich auch Zähne. Sehr viele Zähne. In mehreren Reihen hintereinander. Und es fand Geschmack an Nobite, der Mehrzweckwaffe, die man auch zur chemischen Reinigung von Halbleiterplatten nutzen kann. Vielleicht bin ich aber auch schlafwandelnd die Steilküste runtergestürzt und hab mich dabei im stachligen Grünzeug verfangen. Oder war mit Caipiranhas aus der Familie der Sägesalmler baden. Man weiß es nicht.

So. Vergessen wir die Nacht, es ist ein wunderbarer, sonniger Morgen. Und da ich heute so motiviert bin wie der Erfinder der Schweizer Fahne, lege ich einen Ruhetag ein.

Ein ganzer Tag voll mit Nichts-zu-tun. Wo fange ich damit am Besten an? Ah, ich weiß. Frühstück. Eine gute Ausrede sich anschließend träge in den Schatten zu legen und sich ausschließlich der Verdauung zu widmen. Es gab Pancakes. Ich hatte 6 davon. Die waren aber auch wirklich nur ein Hauch von einem Pancake. Aber lecker. Sehr lecker. Dann noch frisches Obst, grad vom Baum gepflückt und selbstgemachten Jogurt von mir verfeinert mit süß duftender Mangomarmelade. Das alles in einem kleinen Pavillon mit Blick auf das türkis leuchtende Meer und ein paar langweilig im Wind treibenden bunten Fischerbooten. – Es gibt Momente im Leben, da will man um keinen Preis tauschen. Auch nicht für die Handynummer von Daniel Craig. Hä, dafür schon!

Heute ist Strandtag. Ich tu also nix. Gestern habe ich auch schon nix getan, aber heute nehme ich es mir definitiv vor. Ich liege rum. Einfach so. Und beobachte den den kleinen schwarzen Vogel, der schnell über die heißen Holzpaneelen hüpft und sich im Schatten einer Liege sein Gefieder zurecht zupft.

Ich genieße das kleine idyllische Anwesen der Villa Anacao ganz allein. Eine gepflegte Gartenanlage mit vielen bunten Blumen und Bäumen, die ein Gärtner jeden Morgen bewässert, einen Pool, der in der Sonne mindestens genauso schön glitzert wie das Meer, das direkt vor mir liegt und bei dessen Rauschen ich komatös in den Tiefschlaf sinke. Unter Palmen und sonstigem Blattwerk sind keine chillige Inseln mit Sitzsäcken und Holzmöbel eingerichtet. Die lange und breite Terrasse vor dem gelb, weiß gestrichenen Anwesen glänzt mit einer gut sortierten Einrichtung und geschmackvoll gewählter Dekoration im Kolonialstil. Genau so ist die gesamte Villa eingerichtet. Das gefällt mir. Ich glaube, ich bleibe hier.

Ja, und dieses kleine Paradies gehört mir heute gaaannnz allein. Nur ich und der kleine schwarze Vogel, der sich fleißig Nestbaumaterial aus der Palme über mir rupft. Und ein seichter Wind und das Meeresrauschen und Vogelgezwitscher. Und WAS SOLL DENN DAS??? … Man, was kann ich Pech haben. 2 weitere Gäste entscheiden sich heute für ihren Strandtag in meiner weitläufigen Garten-mit-Meerblick-Idylle. Ich bin erschüttert und fürchte ich muss jetzt ein kleines Entspannungsschläfchen halten, bevor ich unschön ausraste.

Eine Wolke in den Umrissen von Italien verdeckt die Sonne nachdem ich meine 250 Bahnen im warmen Wasser geschwommen bin und mich trocknen möchte. Ein Palmenwedel über mir knarzt. Der schwarze Vogel mit den gelben Füßen zupft noch immer an der Palme rum. Kann man denn hier nirgendwo mal richtig entspannen!

Ort: Mauritius
Wetter: 29 Grad, gefühlte 44

Ich war ganz knapp davor die Gehege der weißen Tiger zu öffnen und die kleinen schreienden und drängelnden Kinder als hervorragenden Mittagstisch anzupreisen. Viel hätte nicht gefehlt und ich hätte einen Eintrag ins goldene Buch des Safariparks bekommen und wäre als Heldin gefeiert worden. Jaaaaaa, eine Giraffe läuft nun mal weg, wenn man schreiend und mit den Armen wild fuchtelnd auf sie zugerannt kommt. Und auch die vielen bunt gefiederten Freunde, die sich so wunderschön in die Kamerapositionen drapiert haben, machen in diesem Fall ihren Abflug. Der Pfau hat im Fluchtreflex gleich mal eine seiner bunten Federn verloren und die Kois verharren in der Mitte des Teiches bis zum Feierabend. Die Riesenschildkröten im Streichelzoo sind leider nicht schnell genug sich rechtzeitig vor den tatschenden Kinderhänden in Sicherheit zu bringen. Ich glaube, daher hat ihnen die Evolution das Mehrfamilienhaus auf dem Rücken geschenkt. Die Ziege von nebenan wußte sich zu wehren und auch der Esel hat ein paar Mal seine langen Zähnchen gezeigt, die übrigens durchaus ein wenig Pflege bedürfen.

Eine freilaufende Gans fand meinen Russisch-Roulett-farbenen knallroten Nagellack (wir erinnern uns, gekauft in Nizza) so aufregend, dass sie sich von mir unbemerkt lautlos von der Seite anschlich, ihren Hals reckte und blitzschnell auf meinem großen Zeh einhackte. – Ich bin definitiv dafür das Tier gefüllt mit Äpfel und Orangen zu Weihnachten mit Rotkohl und Klößen in Rotweinsauce zu servieren.

Ein Löwe langweilt sich auf einem großen Stein, die Hyänen schleichen wortkarg durch ihr Gehege. Das Nilpferd liegt stumpf im Sumpf. Wenigstens die Affen sind lustig drauf. Lange genug zugeschaut, bekommt man sogar Familiendramen mit.

Ganz Russland ist heute im Safaripark unterwegs. Ich fürchte, das Land ist jetzt leer. Groß und klein, jung und jung operiert, unterpolstert und gebotoxt. Im Designeroutfit, mit Louis Vuitton-Täschchen und tagesfrischem Make-up klettern sie in den Safaribus. Die Kinder dürfen alles, auch lauthals ihren Unmut in die Ohren der Mitfahrenden kreischen, dass der Strauß sie gerade mit dem Schnabel bearbeiten wollte, nachdem man ihm auf dem Kopf gehauen hat.

Ich versuche in meinem ausgelagerten Daten nach russischen Wortfetzen zu suchen, die meine leichte Aggression zum Ausdruck bringen sollten. Außer „Dostoprimeltschatchelnosty“ und „U Menja jest brat“ ist mit auf die Schnelle nichts eingefallen. Und auch die Zahlen von 1 bis 100 hätten mir in diesem speziellen Fall nicht weiter helfen können. – Verdammt, warum lernt man in der Schule nichts fürs Leben?

Ort: Mauritius
Wetter: 29 Grad

Im kleinen chinesischen Laden 50 Meter von der Villa entfernt kannst du einfach alles kaufen. Kaum merklich sortiert und in Glaskästen zur Schau gestellt bekommt man von der leicht verstaubten Hello Kitty-Handtasche bis zur mit Atomstrom betriebenen Kuckucksuhr ein breites Sortiment an Nahrungs- und Genußmittel sowie Waren des täglichen Bedarfs. Leicht vergilbte Barbiepuppen, Rasierschaum, Winkekatzen, Säcke mit Reis, belgische Schokolade, Duschgel aus Madagaskar und die verschiedensten Autoteile. Kräuter, Fisch, Ansichtskarten, dekoratives Kunsthandwerk, geflochtene Hüte, Kartoffelchips, Havaianas, Baguettstangen und chinesische Heilmittel. Ich fürchte, wenn ich die kleine Verkäuferin nach Pflanzendünger für Usambaraveilchen fragen würde, schleppt die mir einen Sack an den Tresen. Es ist unglaublich, was hier alles rumsteht. Man kann das ganze Ausmaß nur in einer Langzeitstudie erfassen. Diese kleine Wellblechbude mit ihren 15 qm Grundfläche führt mehr Artikel als Karstadt am Leopoldplatz und Reifen-Müller zusammen.

Ort: Mauritius
Wetter: 28 Grad

Minikrabben am Strand zu fangen erfordert ein geschultes Auge, äußerste Konzentration, rasante Schnelligkeit und gezieltes Zupacken. Die Biester sind schnell. Mit ihren kleinen Beinchen flitzen sie im rasanten Tempo über den Strand und verstecken sich hinter Steinen, verschwinden in Löchern oder surfen mit der nächsten Welle davon. Naveli und Karis sammeln sie in einer alten Plastikflasche, die mit Sand und ein paar Muscheln gefüllt ist. Ich konnte um die 20 Stück zählen und habe keine Ahnung, was die beiden Vorschulkinder mit den Minikrabben machen werden. Ich hoffe, dass sie nicht aufgezogen an einer Perlenkette oder im Mischfutter für ihren kleinen schwarzen Hund enden. Dann wäre ich Mitschuld am jungen Ende eines guten Dutzends, denn auch ich war ein paar Mal schneller als die flüchtende Krabbe.

Ort: Mauritius
Wetter: 30 Grad


Paul, ein alter, kleiner chinesischer Mann überzeugte mich mit seiner uneingeschränkten Höflichkeit, mir den Norden Mauritius zeigen zu dürfen. Er war ordentlich gekleidet, dennoch verriet der erste Blick, dass er nicht auf der Sonnenseite des Lebens steht. Er fährt ein sehr altes rotes Auto. Auf dem Cockpit liegt ein von der Sonne ausgeblichenes schwarzes Deckchen mit ungezählten goldenen Trotteln. Am Rückspiegel hing eine silberne Schildkröte. Die Türinnenverkleidung war nur noch homöopathisch vorhanden und selbst mühsam angebrachte Flicken machten es nicht besser. Eine Klimaanlage war nicht notwendig, 4 offene Fenster sorgen für ausreichend Durchzug. Die Sitze hatten ihre besten Zeiten als Frank Sinatra mit My Way auf der Bühne stand. Seine Brieftasche versteckt er unter der Fußmatte des Beifahrers, schloss den Wagen aber nie ab. Gas, Kupplung, Bremse und Gurt waren funktionstüchtig. Weitestgehend. Unser erster Stopp war an einer Tankstelle. Die Tanknadel stand nun 3 cm über leer.

Paul war 74 Jahre alt, kam aus Singapore und war mit einer Thailänderin verheiratet. Sie haben zusammen zwei Kinder und leben außerhalb von Port Louis. An seinem Haus wachsen Mangos und Litchis, von denen er mir morgen einen Beutel voll mitbringen möchte. Er war in seinen jungen Tagen Seemann, Kampfsportler und spricht sowas um die 10 Sprachen. Englisch ist davon nicht seine beste, aber chinesisch kann ich ja auch nicht.

Mehr Sorgen als der erwartete Sonnenbrand auf meiner linken Schulter bereitete mir der Gedanke, bei unerträglicher Hitze mit einer leeren Wasserflasche zu einer Tankstelle laufen zu müssen. Gnadenlos senkte sich die Nadel cm für cm. Ich hoffte, nein, ich betete für abschüssige Berge oder wenigstens Hügel, die uns in die Stadt zurück rollen ließen. Paul hoffte wohl das gleiche. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie er etwas vor sich hin flüsterte und sich danach zweimal bekreuzigte. Erzählte er mir nicht vorhin, er sein Buddhist?

Inzwischen überholen uns Fußgänger und ich glaube auch Kriechtiere an uns vorbeiziehen gesehen zu haben. Aber … nur wer langsam reist, sieht auch was von der Welt.

Verdammt. Jetzt erinnere ich mich, woran ich heute Morgen unbedingt denken wollte. Jaaaaa, die Speicherkarte…. Richtig. Ich wollte unbedingt an eine neue Speicherkarte denken. Das fiel mir genau in der Sekunde ein, als das Display die winzige Leuchtnachricht „Speicherkarte voll“ mir mitten auf die Netzhaut brannte. Mist! Aber neeeeiiiin, kein Grund zu hyperventilieren, ich hatte Paul! Paul war meine Geheimwaffe. Kurz meinen Wunsch geäußert, dreimal die Schuhe an den Hacken zusammengeschlagen und schon standen wir an einer Fleischtheke in einem örtlichen kleinen Supermarkt. Keine 3 Minuten später hielt ich eine niegelnagelneue 8 GB Samsung-Speicherkarte in der Hand. Ich habe gelernt: Fleischtheken werden deutlich unterschätzt.

Ort: Mauritius Nordküste und der Botanische Garten und sonst wo überall
Wetter: 32 Grad

Während sich der Guide ohne Namen in seinen Sprechpausen im Reiseführer und mitgebrachter Fachliteratur Grundwissen über die Sehenswürdigkeiten und geschichtlichen Ereignisse von Réunion aneignet, betrachte ich ihn mir näher. Er trägt einen hellbraunen Filzhut über seinem lockigen Haar und hat bis zum bitteren Ende abgekaute Fingernägel. Geschätzt ist er nicht älter als 28. Er trägt eine Narbe über der linken Augenbraue und eine Hose die sich bei Berührung mit Wasser in ihre Atome auflösen wird. Er lispelt. Seine englische Aussprache mit hardcore-französischem Akzent ist nur mit einem wachen Verstand und einer guten Portion Phantasie zu verstehen. – Alles egal. Heute ist Abenteuertag.

Es war wie in diesen Filmen in denen man vorhersagen kann, dass der letzte in der Gruppe die Person sein wird, die in der Finsternis von einer fürchterlich gefräßigen Mutation mit pockenübersäter Haut und blutroten Augen am Bein gepackt, in seine unterirdische Speisekammer gezerrt und in einen fürchterlich klebrigen Kokon eingesponnen wird. Ich war die letzte in der Gruppe die sich auf Knien kriechend und der Nase im feuchten Boden durch den engen Lavatunnel des Vulkans Piton de la Fournaise robbte. Hinter mir Finsternis. Dunkelheit. Tiefschwarz. Hier und da ein Knarzen von vermutlich der oben beschriebenen Kreatur. Ich blickte mich um, meine Helmlampe leuchtet in den finsteren Gang, durch den ich gerade in 4 Meter Tiefe gekrochen bin. Es hingen spinnwebenartige Wurzeln von der Decke und von dünnen Lavasteinnasen tropft Wasser auf den Boden. Im Schein der Lampe sieht man schwebende Partikel und verdampfendes Wasser. Irgendwas Kleines flog von links nach rechts. Es herrschen Temperaturen wie in einer schwedischen Sauna unmittelbar nach dem Aufguss. Es roch nur nicht so gut.

Der Ausgang liegt nur noch wenige Meter vor mir. Noch zweimal um die Ecke biegen und der Tunnel war hoch genug, wieder vollständig aufrecht stehen zu können. Hier entfaltete sich die gesamte unterirdische Schönheit. Überwältigend. – Mitten auf dem Lavafeld kletterten wir ohne Verluste aus einem mit grünem Farn und Strauch verdeckten kleinen Loch aus dem Tunnel.

Cool wars.

Ort: Réunion
Wetter: 35 Grad und keine Wolke