Es riecht nach billigem Parfüm und schlechtem Aftershave. Diese hohe Konzentration an Pestiziden und klinisch nicht getesteten Schwebeteilchen würde in Flugzeugen Sauerstoffmasken aus den Fächern fallen lassen und Passagiere in Quarantäne stecken. Bei offenem Feuer sind wir ein Silvesterknaller, den sicher auch die Sojus nicht unbeeindruckt ließe.
Gäste und Crew haben sich in die auffälligsten Fummel geworfen. Es glitzert und funkelt an jeder Körperstelle. Lustigbunte Partyhütchen verbessern die oft sehr waghalsig gewählten Kleider nicht zwangsläufig. Kleine Prinzessinnen hüpfen durch die Gänge, Mutti kommt mit den Plateauhighheels nicht hinterher, Papa interessiert sich für noch waghalsigere Kleider.
Während sich auf Deck 8 die ältere Generation zu „River of Babylon“ im Rhythmus wiegt, herrscht auf Deck 9 ungebändigte Partystimmung. Hier befindet sich das Epizentrum der Schiffsbewegung. Es werden Konfettikanonen gezündet und ungebremst mit Papierschlangen um sich geworfen. Alle Rauchmelder sind im Alarmzustand und feiern hektisch blinkend mit. Man kann fast nichts mehr sehen. Ich überlege mir meine Schwimmweste für den Ernstfall schon einmal umzulegen und mich am Sammelpunkt einzufinden. Aber selbst die Schiffssirene würde gegen den trommelfellzerstörenden Italo-Pop wie das weinerliche Klagen einer gestrandeten Rotbarbe klingen.
Die Crew und ihre Familien feiern mit. Der kleine dicke Junge führt stolz den Kapitän an der Hand seinen Freunden vor. Der Kapitän ist auch klein und dick. Die Familiengene sind sehr stark ausgeprägt. Vermutlich kann der 5jährige auch schon fehlerfrei durchs Meer navigieren und das Schiff in einem Zug im Hafen von Antsiranana einparken.
Das vor sich hinleidende Gitarren-Duo in der Tango-Bar spielt nur für sich allein. Und dem Barkeeper. Da machen die Chipmunks-wo sind die eigentlich?- definitiv mehr Party mit ner Gitarre unterm Arm. Die Chance auf bessere Stimmung ist auch nach dem dritten Lied nicht gestiegen. Ich verlasse den ruhigsten Ort des Schiffes und mische mich nur eine Tür weiter in die Italo-Pop-Szene, wo der Champagner fließt und die russischen Damen in weißen, auf den Körper geschweißten Spitzenkleider zeigen, was sie an der Stange gelernt haben. Hier wird gefeiert bis zum Untergang und das Bordkonto raucht.
Die drei Sekunden bis Mitternacht sind schnell gezählt. Guten Morgen 2017 irgendwo vor der Küste Madagaskars.
Ort: Irgendwo im indischen Ozean auf dem Weg nach Antsiranana, Madagaskar
Wetter: großartige 29 Grad und wolkenlos