Archives

All posts for the day Dezember 22nd, 2016

Mein Zimmer ist sauber, zweckmäßig und spartanisch eingerichtet. Ich habe ein Bett, einen Schrank, einen Schreibtisch, zwei Stühle, einen Flatscreen, ein Klimagerät mit Fernbedienung, ein Fenster und ein Badezimmer mit Dusche und Licht. -Wir erinnern uns daß es auch Badezimmer ohne Licht geben kann.- Gegenüber meiner Zimmertür ist der Fahrstuhl. Das „Pling“ der Tür ist recht schnell überhörbar und reiht sich harmonisch in das restliche Umgebungsrauschen ein. Der Ausblick ist in die Berge und auf das Friedensmahnmal Marie Reine de la Paix. Es scheint gegenüber ein Biotop oder einen tierfreundlichen Unterschlupf zu geben. Von dort dringen äußerst bemerkenswerte Geräusche, die das Herz eines jeden Ornithologen zum Hüpfen bringen würde, durch mein offenes Fenster. Zunächst singt sich ein Vogel die schrillsten Töne aus seinem gefiederten Leib. Ein zweiter stimmt ein, krächzt völlig daneben die Tonleiter rauf und runter und ist musikalisch betrachtet völlig talentbefreit. Dann begleitet ein heulender Hund den Gebetsgesang einer naheliegenden Moschee. Klingt eigentlich ganz schön. Auf dem musikalischen Höhepunkt bringen es aber röhrende Frösche oder welches prähistorische Kleingetier auch immer sich diese Geräusche aus seinem Körper pressen kann. Inbrünstig und gnadenlos gegenüber den unmittelbaren Anwohnern geknarzt und quakt es wie am kleinen Teich den meine Oma früher einmal hatte und in den ich mehrfach gefallen war. Lurchi, so nenne ich den lebenslustigen Quaker mal, ist so übermütig, dass er offensichtlich die Zeit vergisst. Nachtruhe? Licht aus? Schlafenszeit? Das alles scheint im geselligen Tierleben der röhrenden Freunde nicht klar definiert zu sein. Also lausche ich den unmelodischen Tönen, errate daraus Melodien der angesagtesten Lieder der Top 100 und frage mich, sprechen die Tiere mit mir? Was steckt hinter ihrer eigentümlichen Botschaft „pri o wit wit wit or priorrrrr“ oder „raaarr, quark, rrrrrrraaaaaaaaaaaaaaaaaaa“? Obwohl ich mir wirklich größte Mühe gebe, den Inhalt dieser 1000fach wiederholten und offenbar äußerst wichtigen Aussage zu verstehen, bleibt mir die Bedeutung genauso unbekannt wie die chinesische Sprache des Kioskbesitzers nebenan, bei dem ich ein vegetarisches Panini bestellt habe. – Stille. Ich lausche angestrengt der ungewöhnlichen Ruhe. Kein „raaarr, quark, rrrrrrraaaaaaaaaaaaaaaaa“ mehr. Bin ich spätertaubt? Ist es eine künstlerische Pause oder sind die Frösche vielleicht mal eben an die gegenüberliegende Hauptstraße vorbeigesprungen?

Schnell schlafen, bevor noch die gemeine Rohrdommel ihr Liedlein im Morgengrauen anstimmt.