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All posts for the day Dezember 23rd, 2016

Der Weihnachtsbaum und ein Weihnachtsstern blinken hektisch von der höchsten Stelle des Schiffes – check ✅

Das Ave Maria klingt weinerlich aus der Pool Bar Saint-Tropez (ich vermute, die Chipmunks sind noch zu jung für diesen Spätauftritt) – check ✅

Die Bommeln der Weihnachtsmützen wiegen sich leicht im Wind – check ✅

Alle Gäste an Board – mir egal.

Dreimal auf die Schiffströte gedrückt und los gehts. Raus aufs Meer.

Ich lausche einer Pianospielerin, die ein bunt blinkendes Merry Christmas-Krönchen trägt. Das Kleid ist etwas zu eng und zu kurz. Aber man achtet eh nur auf den nervösen Farbwechsel ihrer königlichen Kopfbedeckung. In diesem Outfit könnte sie im Wedding arbeiten und sich harmonisch in die Kaplan-Dönerbuden integrieren. – Sie spielt Klassiker der Popgeschichte der letzten hundertfünfzig Jahre. Manche Töne sind etwas schräg, soweit ich das als unmusikalisches Frettchen beurteilen darf, aber dafür ist jede einzelne Note mit Leidenschaft gespielt. – Ich warte auf den Moment, in dem die Chipmunks an ihr hochklettern, sich ein Nest in ihren Haaren zupfen oder aufs Klavier hüpfen und in ihren Hawaiihemden steppend Merry Christmas singen.

Ort: von Mauritius zu den Seychellen

11:30 Uhr und ich bin auf dem Schiff. Ich glaube, ich war noch vor den ersten abreisenden Gästen an Board. Mein erster Eindruck: klein, ja fast winzig. Ungefähr so winzig dass ich glaube, die gesamte Crew müßte mit einem separaten Schiff hinter uns her paddeln. Oder die Beiboote werden als zusätzliche Bewegungsflächen mitgenutzt.

Nachdem das angebotene Frühstück im Hotel püriert in eine Nagellackflasche gepaßt hätte, bin ich jetzt eine von den verhaßten Personen, die noch vor Buffeteröffnung die mühevoll drapierten Speisen verwüsten. Er war mir egal, ich habe Hunger. Ein breites Lächeln, das auch in Port Louis für das ruckartige Betätigen der Mopedbremse sorgte, sollte wohl auch jeden noch so hart gesottenen Kombüsenchef klein kriegen. – Na geht doch. Es gab lecker Pommes mit Mayo, einen großen Obstsalat und vitaminreiche Fruchtschnittchen zum Nachtisch. Und um ehrlich zu sein, ein keines Schokoladeneclair hüpfte dann auch noch auf meine Hüftpartie.

Meine Kabine ist groß. Erstaunlich groß für das winzige Schiff. Ich bin wirklich überrascht. Oder könnte es sein, dass ich diese noch mit einem Barkeeper oder Schiffsmonteur teilen muss? Ich habe noch einen Schrank gefunden, in den man locker jemanden stellen könnte. Daher mal nicht den Tag vor dem Abend loben.

Das Schiff ist schnell erkundet. Der aufmerksame Leser hat bereits abgespeichert, daß alles recht übersichtlich ist. Die gesamte Besatzung läuft mit roten Weihnachtsmützen aus Samt mit weißen Bommeln rum. Sicher eine geniale Idee des ansässigen Animationsteams. Ich bin gespannt was die sonst noch so drauf haben.

Ich lernte Starlett kennen. Eine Dame aus dem Beauty-Wellness-Bereich. Sie kommt aus Bangladesh und ist noch gute 15 cm keiner als ich. Gemeinsam erkundeten wir die Möglichkeiten dieser Wellnessoase und der preisgekrönten Anti-Age-Anwendungen. Dampfsaunen, Aromasaunen, Saunen mit unterschiedlichen Temperaturen, Eisschockraum, Thalassobäder, Fußbäder, beheizte Liegen aus Stein, Entspannungsraum, Teezeremonieraum, Solarium – ich habe irgendwann aufgehört ihren Worten weiter zu lauschen und sah mich bereits den ganzen Tag in einem strahlend weißen Bademantel das gesamte Angebot hoch und runter schlürfen.

Noch ganz vom Duft der Aromasauna traumatisiert schwebte ich auf einer sanften Wolke aus Lavendel, Vanille und Ylang-Ylang ungebremst den Tatsachen entgegen. Die Chipmunks singen Weihnachtslieder und es gab nur einen Ort, wo sie nicht hinkommen würden. Die Wellnessoase! Spätestens jetzt war ich einer 14tägigen Buchung so nahe wie nie zuvor.

Ort: Port Louis
Gelaufene Strecke: 8,5 km
Wetter: 30 Grad und ein paar weißen Wölkchen