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All posts for the day Dezember 29th, 2016

Moment, was heißt hier schwierige Wetterverhältnisse und man solle sich doch am Geländer festhalten. Ich habe gerade zu Mittag gegessen und wollte mich nun ein wenig auf dem Deck tummeln und mich vom Freddy Mercury unter den Animateuren unterhalten lassen. – Oh, die Liegen werden gerade eingesammelt. Ein sicheres Signal dafür, dass einem zeitnah alles um die Ohren fliegen wird. Ich versuch es erst einmal mit gesunder Ignoranz und später vermutlich mit einer überdosierten Mischung aus Reisetabletten, Notfalltropfen, Ingwerdragees, Reisekaugummis und einer großen Portion Hoffnung.

Zwischenzeitlich nutze ich die derzeitig hervorragende Wetterlage und schau mich mal am Pool so um. Hier findet sich eine ausgesprochen gute Mischung aus Bulimie-Teenagern, operativ nachgeholfenen Beautyqueens, nicht altern wollenden Diven, antiautoritär erzogenen kleinen Biestern, dicken Männern mit ungepflegten Füßen, den italienischen Gigolo, immer zum Flirten auf dem Sprung, ein paar ständig meckernde Deutsche (es ist zu warm, es ist zu kalt, warum spricht hier keiner deutsch), ein Jogger in viel zu engen Shorts und gelben Turnschuhen, der beim Drehen seiner 150 m-Runden jedesmal meine Liege zum Beben bringt – ICH HASSE IHN! -, der Kegelclub aus Castrop-Rauxel, der unüberhörbar Karten spielt, eine billige Rihanna-Kopie und ein noch schlechteres Ricky Martin-Double. Putin ist übrigens auch an Board. Ich hätte ihm gestern -nach seiner Vollbremsung mitten im Weg- fast meine gesamte Beute vom Kuchenbuffet in den Nacken gekippt. – Die Barkeeper tragen immer noch diese roten Weihnachtsmützen mit weißen Bommeln. Vermutlich haben sie sich schon in die Kopfhaut eingebrannt. Ich frage mich, ob ich das Servicepersonal jemals erkennen werde, wenn sie diese Mützen nicht mehr tragen müssen.

Aber zurück zum Pool. Es sollte Männern verboten sein, Badehöschen zu tragen, die kaum mehr Stoff haben als das Einstecktuch in ihrem Weihnachtsjacket. Man mag gar nicht hingucken, doch der Blick bleibt kleben an jeden einzelnen Quadratmillimeter des neongelb leuchtenden Desasters. Gibt es denn hier niemanden, der den Kerl über Board schupsen möchte? Und wie ist es möglich, dass man die körperlichen Vorzüge von Bud Spencer oder Israel Kaʻanoʻi Kamakawiwoʻole so selbstbewußt ins Sonnenlicht hält?

Eine Dame, die die kühle Grasnarbe sicher auch schon riechen kann, hält da ganz gut mit. Ihr Bikini aus der Kinderabteilung mit 3 Reihen Rüschen am Po und einem zarten Oberteil, dass nicht mal Barbie passen würde, ist ein klarer Beweis für Altersweitsichtigkeit und Nahbrille nicht aufsetzen wollen. Freunde scheint sie nicht zu haben, sonst hätten sie sie sicher ganz schnell in ein Costa-Badetuch eingewickelt.

Ja, die Welt ist so schön bunt und gäbe es diese exzentrischen Selbstdarsteller nicht, hätte ich jetzt vermutlich eine mehrbändige Abhandlung über die ökonomische Entwicklung der Seychellen nach der Jahrhundertwende geschrieben.

Ort: irgendwo zwischen den Seychellen und Madagaskar
Wetter: sanfte 29 Grad