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All posts for the day Dezember 17th, 2013

Wenn man leicht angebrütet ist -heute Abend ist Hawaiianischer Abend mit kostenlosen Cocktails, und ich schwöre, ich hatte nur zwei winzig Kleine von denen einer grün und der andere rot-orange war-, also … wenn man in diesem leicht angebrüteten Zustand in seiner Kabine “National Geographic” schaut und das Glück hat, eine Sendung mit dem Titel “Weltuntergang und wie rette ich mich” zu sehen, dann passiert Folgendes: Man beginnt die letzten Weihnachtsmails zu versenden, gewissenhaft seinen Koffer zu packen, verabschiedet sich tränenreich vom Barpersonal und wartet mit seinem Gepäck vor einem der Rettungsboote, bis dich der Erste Offizier mit verständnisvollen Worten “alles ist gut” überzeugt, an die Bar zurückzukehren und auch noch den gelben Cocktail zu probieren.

Weil Du nicht stänkern willst, tust du brav, wie dir geheißen wurde. Dann kommst du also an die Bar zurück. Du erzählst einer wildfremden ebenfalls angebrüteten Frau, dass dieses Neonpink nicht nur die Farbe deines umgehängten Aloha-Blütenkranzes und deines gehäkelten Pullovers ist, sondern auch die Farbe deiner Unterwäsche, die du gerade drunter hast. Sie lächelt nur müde während sie dir laut antwortet, dass sie gar keine trägt. Kopfkino – neeeiiiiinnnnnn!

Als nächstes schmachtest du den Gitarrenspieler an, der hinter der Bar nuuuuur allein für dich spielt. Seine Stimme ist so voller Schmalz, das du direkt in seine Arme schliddern würdest. Du denkst, wo hast du ihn schon mal gesehen. Gestern Morgen unter deiner Dusche vielleicht? Vermutlich ein verirrter Gedanke.

Du sitzt noch immer an der Bar und probierst die anderen lustigen Cocktails mit Schirmchen. Dann kommt er zu dir, der lecker Gitarrenspieler, fragt wie es dir geht und lächelt dir breit ins Gesicht. Während du schon seine Gitarrenklänge auf deiner Bettkante hören kannst, faselst du so was wie “hey, nicht schlecht gesungen” und überlegst noch schnell, wie du in diesen Satz deine Kabinennummer einbauen kannst.
Aloha – ein ganzes Schiff feiert bis zum Untergang!

Mit verklärtem Blick erhasche ich Fetzen einer Dauerwerbesendung für Fitnessgeräte, die auf den Monitoren über den Pokertischen läuft. “In 5 Tagen zur Traumfigur.” Passt ja noch, bis wir wieder zu Hause ankommen. Ich will jetzt unbedingt dieses Gerät bestellen, rutsche vom Hocker und schlage mit der Stirn auf den Bartresen. – Wo verdammt noch mal ist der Gitarrenspieler hin!

Ich befinde mich immer noch an der Bar und überlege kurz ob ich oder das Schiff Gleichgewichtsprobleme hat. Eine Frau greift neben mir zu einem Telefon und streift dabei meinen neonpinkfarbenen Häkelpullover. “Wow, ist der weich! Der ist sooo weich! Wow, wie weich der ist! Amazing! Beautiful! So great!” Wow, ich befand mich da wohl gerade in einer Werbesendung für Weichspüler und musste diese Erfahrung erst einmal mit einem pinkfarbenen Cocktail begießen. – Haaaaalllooooo, Gitarrenspieler, kommt zurüüühüüüück.

9

Endlich wieder Seetage. Erholung vom Kampf um die ersten Plätze an der Gangway, um möglichst vor Sonnenuntergang das Schiff verlassen zu können. Doch die Ruhe täuscht, denn der unterschwellige Kampf um die begehrten Rattankörbchen im Serenity-Club tritt an dessen Stelle. Antizyklisch zu handeln ist in der Theorie eine schöne Idee, macht aber in der Realität leider keinen Sinn. Also liegen wir auf zweitklassigen Sonnenliegen und tun so, als wäre uns das egal. 😉

Hach – was ein herrlicher Tag. Strahlender Sonnenschein, eine leichte Brise, sanftes Schaukeln, blauer Himmel und Schoko-Vanilleeis bis zum körperlichen get no. Es könnte definitiv schlimmer sein. Zum Beispiel kalt, grau, dunkel, windig, matschig, regnerisch – aber ich möchte mich jetzt wirklich nicht mit negativer Energie auseinandersetzten. Stattdessen schreibe ich noch schnell einen Nachtrag zu meinem Beitrag “Ja wo laufen sie denn hin.”

Nachtrag:
Nach nunmehr 10 Tage Feldstudie habe ich noch eine weitere Fortbewegungsart entdeckt: das seitwärts ausschwenken und sich dabei kaum messbar nach vorn bewegen. Bei dieser Gangart, gesehen bei Schwergewichtigen und Sonderüberlasttransporten, werden die Knie in ihrer Beugefunktion nicht mehr verwendet. Die von der Hüfte bis zum Knöchel steifen Beine werden einfach rechts und links vom Körper auf den Weg gestemmt. Dabei wird mühevoll versucht, das eigene Körpergewicht auszubalancieren. Lustig anzusehen, aber äußerst gefährlich, wenn man schnellen Schrittes überholen möchte. Es ist nicht unwahrscheinlich, über ein Auslegerbein fürchterlich zu stolpern oder vom gesamten ausschwenkenden Körpergewicht über Bord gedrückt zu werden.
Ich frage mich, wenn alle Übergewichtigen auf diesem Schiff einfach mal Steuerbord ihr Frühstück essen würden, würde das Schiff dann in Manövrierschwierigkeiten kommen?