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All posts for the day Dezember 11th, 2013

Kapitän Nemo oder D’Artagnan? Eines der beiden Bilder weist den Weg zum richtigen Kabinengang. Die Mitte ist keine Option, da ist eine Wand mit einer dekorativ beleuchteten und mit Blümchen verzierten Vase. Ich entscheide mich für D’Artagnan, weil ich mich an meine Kindheit erinnert fühlte und glaube, der Typ ein lecker Schnittchen war.
7 Minuten später: D’Artagnan hat mich furchtbar enttäuscht und in die Irre geführt. Da hab ich mich wohl etwas treiben lassen. Nach den ersten 25 Türen merkte ich, dass sich in die Zahlenfolge 1, 3, 5, 7, 9 keine 8 einreihte. Gerade und ungerade Zahlen – ich habs ja verstanden. Meine Feststellung nach dieser mathematischen Höchstleistung: Alkohol trifft nicht immer die richtigen Entscheidungen aber D’Artagnan ist immer noch ein lecker Kerlchen und Kapitän Nemo ist doof. Und Bobbies Hawaiianische Flip Flops will ich immer noch haben.

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Leute, nach unserem VIFP-Treffen mit allen Gold-, Platin- und Diamantkartenbesitzern und lecker Schnittchen, Cocktails mit Schirmchen sowie einer fantastischen Bühnenshow, vollgepackt mit Spaß und lustigen Menschen, sind wir auf dem Rückweg an Bobbies Bastelstraße vorbeigekommen. Ich war sehr froh, dass mir die beiden Cocktails schon nach sehr kurzer Zeit die Realität ein wenig weich gezeichnet hatten.

Bobbies Bastelstraße: Hier saßen Männer und Frauen, ich wiederhole sehr gern: Männer und Frauen, die mit Miniluftballons, wie man sie zu Genüge auf jedem Kindergeburtstag oder auf Firmenfeiern findet, und schwarzen 5-Cent-Flip Flops „farbenlustige Hawaiian Flip Flops“ bastelten. Und so gehts: Richtige Schuhgröße auswählen, Luftballons farblich sortieren und diese dann in wahlloser Reihenfolge an die Plastikzehentrenner knoten. Fertig ist der hippe Hawaii-Flip Flop. Ich meine, Leute, hey, das Plastik scheuert eh schon zwischen dem Zehen, aber mit Gummiknötchen gespickt, sollte der Schmerz wohl noch etwas größer sein. – Hm, aber lustig sehen sie ja aus, die kleinen Schühchen. Und je länger ich drüber nachdenke, ich will auch solchen Badelatschen! Dann würde ich mir ein weißes Laken überwerfen, fürchterlich leidend schauen und mit aufgepusteten Luftballons an den Tretern übers Wasser laufen.
– Wenn ich drüber nachdenke, ein schönes Weihnachtsgeschenk sind sie aber allemal. Will jemand?

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An so nem Kreuzfahrtschiff gibt es ja immer was zu basteln, schrauben, streichen oder hämmern. In unregelmäßigen Abständen sieht man Monteure in blauen Overalls mit Werkzeugköfferchen und Farbeimer übers Schiff schleichen. Da werden Stufen nachgeschliffen, Eisenstangen gestrichen, Fenster ausgetauscht, Geländer entrostet, Planken ausgebessert, Schilder “Vorsicht Stufe” aufgeklebt, das ein oder andere Mosaiksteinchen wieder eingesetzt und das Leck im Pool gesucht.

Wenn man sich das Schiff mal bei Sonnenschein und schlechter Laune anschaut, kann man Einiges entdecken. Hinter der Fassade bröckelt ganz schön der Putz (bei vielen Passagieren ist es im Übrigen sehr ähnlich). Abgeblätterte Farbe, angerostete Verschraubungen, zerfressener Lack, ausgebleichtes Kunstgras auf dem Minigolfplatz und so weiter und so weiter. Ich vermute ganz stark, dass einzig und allein die unzähligen Farbschichten den Kahn noch zusammenhalten. Und vielleicht das ein oder andere schnell geknotete Gummiband. – Ja, die Natur setzt Kreuzfahrtschiffen ganz schön zu und man kann gar nicht so schnell Farbe anrühren wie sie verpinselt wird.

Versteht mich nicht falsch, ich finde Natur toll. Schließlich ist es nur durch sie möglich, meinen Salzhaushalt für die nächsten 2-3 Wochen aufzufüllen, indem ich morgens mein Frühstücksei über ein kurzes Stückchen der Handläufe des Lido-Decks rolle.

Sonnenliegen sind auf einem Kreuzfahrtschiff auch immer ein angespanntes Thema. Eine Frage die sich jeder stellt: Sind denn hier auch mindestens 3 Stück pro Passagier an Bord? Eine Liege in der prallen Sonne zum Grillen, eine im Halbschatten zum Runterkühlen und natürlich eine im Vollschatten gegen die Mittagshitze. Die besten Liegen sind bereits vor Sonnenaufgang blockiert. Das sind die riesigen runden Rattanbetten und manchmal auch die Hängematten – das ist abhängig von Seegang. Oder die in unmittelbarere Nähe zur Cocktailbar. Weniger gern genommen sind Plätze neben dem riesigen Schornstein. Wobei ich ja der Meinung bin, das sich dieses monotone Hämmern beruhigend auf die Einschlafphase auswirkt. Es vermittelt einem, dass das Schiff noch seetüchtig ist, was wiederum Sicherheit fürs Einschlafen bedeutet.

Ich habe mir ein ruhiges Plätzchen gesucht, das nur wenige Passagiere bisher gefunden haben. Deck 14, Mittschiffs, vor dem Schornstein mit unverbautem Blick zum Minigolfplatz, der sich vorn auf dem Schiff befindet. Von den geschätzten 50 Liegen sind 3 belegt, inklusive unserer beiden. Hier oben befinden allerdings auch die riesigen Satelliten, die uns vermutlich in nur wenigen Minuten das Gehirn gar schmoren. Egal, ich habe Urlaub.
Aus meiner entspannten Schlummerposition heraus kann man wunderbar den Seegang, dieses unterschwellige Auf und Ab des Schiffs, beobachten. Und Auf und Ab. Und Auf und Ab. Ein laues Lüftchen wehte mir ums Näschen und der Geruch vom frisch Gegrilltem lässt mich kurz überlegen, die Ruhephase zu unterbrechen. Ich bin zu schwach, mich zu entscheiden. Und Auf und Ab. Und Auf und Ab. Hui und Auf und Ab. Ich glaub, ich muss mich jetzt einem kleinen Vormittagsschläfchen hingeben.

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Drei Fragen beschäftigen mich bereits seit den letzten vier Tagen:

Warum kleben Leute ihre Fotos, bunte Bildchen, Weihnachtsdekoration oder sonstige merkwürdige Zeichen an ihre Kabinentür?
Warum befinden sich die Speisesäle immer ganz vorn oder ganz hinten im Schiff, also an Orten mit dem größten Schaukelgrad und an denen man die beste Chance hat, sich das Essen zweimal durch den Kopf gehen zu lassen?
Woher weiß unser Kabinensteward Rodrigo exakt, wann wir die Kabine verlassen und wieder zurückkommen?

Die erste Frage ist mit ein wenig Phantasie schnell beantwortet: Bei der Vielzahl der Gänge und Türen findet man nach durchzechter Nacht oder bei Orientierungsschwäche vermutlich schneller die Tür, in der der am roten Carnival-Lanyard baumelnde Schlüssel passt.

Die zweite Frage lässt sich vermutlich dadurch erklären, dass es zahlreiche sadistische Schiffskonstrukteure gibt.

Aber die dritte Frage bereitet mir tatsächlich Kopfschmerzen.
Woher kennt Rodrigo den genauen Zeitpunkt, zu dem wir die Tür hinter uns schließen und er damit ein winziges Zeitfenster hat, unsere Kabine in Ordnung zu bringen? Auf den Gängen ist er weit und breit nicht zu sehen. Erwischt hat er uns auch nie. Kameras in den Gängen haben wir vergeblich gesucht. Also, woher weiß er das? Kaum sind wir raus und kommen nach 30 min wieder, ist die gesamte Kabine inkl. Balkon porentief gereinigt, das Bett gemacht, das Bad desinfiziert, alle Handtücher ausgetauscht und schön gefaltet, der Balkon gewischt und die Spiegel und Scheiben geputzt. – Auf einigen Schiffen werden winzige Papierschnipselchen auf die Türklinken gelegt. Wenn er auf dem Boden liegt, ist das ein sicheres Indiz dafür, dass der Gast seine Kabine verlassen hat und der Weg frei ist fürs Staubsaugen und Bettenmachen. Nicht so hier. Hier liegen definitiv keine Schnipsel auf dem Boden. Wir zertrennen beim Rausgehen auch keine heimlich gespannten Wollfäden, kleine Glöckchen klingeln auch nicht. Drucksensoren vor der Kabinentür oder Bewegungsmelder in den Zimmern würde ich spontan raten. Und Rodrigo sitzt vermutlich in seiner mit Hightech vollgestopften Schaltzentrale und schaut, wann, wo, welche Lämpchen rot oder blau blinken, um dann in Windeseile mit seinem Putzmaterial auszurücken. – Ich werde ihn morgen dazu befragen.

Hawaiianisches Wort des Tages:
kala mai ia’u – Tschuldigung

Windstärke: 13 km pro Stunde
Wetter: 25 Grad locker und schön sonnig

Laufen muss auf einem Schiff neu erlernt werden. Wir haben uns nach vier Tagen den Rhythmus des Schiffes angenommen und können inzwischen selbst bei mittelschwerem Seegang geradeaus laufen, ohne dabei an die Kabinenwände zu schlagen.

Ein besonderes Phänomen ist es, dass Menschen im Buffetbereich ihre Laufgeschwindigkeit gegen 0 drosseln und man irgendwann nicht mehr unterscheiden kann, ob sie cm für cm vor sind hin schleichen oder tatsächlich stehen geblieben sind, um zu kosten, was sie sich tonnenwiese auf das Tablett geschaufelt haben. Richtig schwierig wird es dann, wenn vom Läufer vor dir unerwartet eine Vollbremsung hingelegt wird und du dein gut sortiertes Tablett so ausbalancieren musst, dass deine Salatblätter inklusive 5fach hochgestapelten Burger nicht in den Nacken des Bremsers fliegt.

Besonders spaßig ist es aber an den zahlreichen Getränkestationen. Hier scheren Leute gern mal mit 2 Tassen heißen Kaffee spontan rückwärts aus und merken erst, wenn die Hälfte des Heißgetränkes auf dem Hemd des Nachbarn gelandet ist, dass auch hier Regeln des Straßenverkehrs gelten. Erst schauen, blinken und dann zurücksetzen.

Lustig anzuschauen sind aber die Raser unter den Buffetbesuchern. Die, die mit ihren fahrbaren Scootern geräuschlos durch die Gänge preschen und den lustigen Aufkleber “Not a student driver” vorn am Lenker haben. Man meint, diese Körpermassen können nicht mehr aus eigener Kraft bewegt werden, aber man wird eines Besseren belehrt, wenn man sieht, wie sie sich -wenn auch behäbig- aus dem Stuhl hebeln und ans Buffet schweben.

Ach ja, ich habe beschlossen heute was Gutes zu tun. Ich werde an der Eismaschine einen Aufkleber anbringen: eine Waffel Schoko-Vanille: 5,00 USD zzgl. Tax und Tip, werden direkt vom Bordkonto abgebucht. Für unsere kleinen Gäste werde ich das noch schön bebildern.