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All posts for the month Dezember, 2013

Laufen muss auf einem Schiff neu erlernt werden. Wir haben uns nach vier Tagen den Rhythmus des Schiffes angenommen und können inzwischen selbst bei mittelschwerem Seegang geradeaus laufen, ohne dabei an die Kabinenwände zu schlagen.

Ein besonderes Phänomen ist es, dass Menschen im Buffetbereich ihre Laufgeschwindigkeit gegen 0 drosseln und man irgendwann nicht mehr unterscheiden kann, ob sie cm für cm vor sind hin schleichen oder tatsächlich stehen geblieben sind, um zu kosten, was sie sich tonnenwiese auf das Tablett geschaufelt haben. Richtig schwierig wird es dann, wenn vom Läufer vor dir unerwartet eine Vollbremsung hingelegt wird und du dein gut sortiertes Tablett so ausbalancieren musst, dass deine Salatblätter inklusive 5fach hochgestapelten Burger nicht in den Nacken des Bremsers fliegt.

Besonders spaßig ist es aber an den zahlreichen Getränkestationen. Hier scheren Leute gern mal mit 2 Tassen heißen Kaffee spontan rückwärts aus und merken erst, wenn die Hälfte des Heißgetränkes auf dem Hemd des Nachbarn gelandet ist, dass auch hier Regeln des Straßenverkehrs gelten. Erst schauen, blinken und dann zurücksetzen.

Lustig anzuschauen sind aber die Raser unter den Buffetbesuchern. Die, die mit ihren fahrbaren Scootern geräuschlos durch die Gänge preschen und den lustigen Aufkleber “Not a student driver” vorn am Lenker haben. Man meint, diese Körpermassen können nicht mehr aus eigener Kraft bewegt werden, aber man wird eines Besseren belehrt, wenn man sieht, wie sie sich -wenn auch behäbig- aus dem Stuhl hebeln und ans Buffet schweben.

Ach ja, ich habe beschlossen heute was Gutes zu tun. Ich werde an der Eismaschine einen Aufkleber anbringen: eine Waffel Schoko-Vanille: 5,00 USD zzgl. Tax und Tip, werden direkt vom Bordkonto abgebucht. Für unsere kleinen Gäste werde ich das noch schön bebildern.

Es gibt hier jeden Tag so viele Entscheidungen zu treffen, dass ich kurz überlegt hatte, mir eine Exceltabelle mit Wenn und Dann-Formeln anzulegen. Um anschaulich einige Beispiele zu nennen: Leg ich mich in die Sonne oder in den Schatten. Auf das Lido-Deck, wo mich vermutlich der hawaiianische Sänger sucht, oder doch besser auf meinen eigenen Balkon. Was esse ich wie viel zum Frühstück. Geh ich jetzt nen Kaffee trinken oder eher später. Pilates oder Yoga. Erdbeer-Vanille oder Vanille-Schoko. Lesen, schreiben oder schlafen. Bingo oder Hula-Tanzkurs. Zähne bleichen oder Nägel lackieren. Langsam wird das alles sehr unübersichtlich und fängt an, mein Gehirn aufzuweichen. Aber eines weiß ich heute schon: Morgen esse ich Omelett.

Nach all diesen schwer zu beantwortenden Fragen war ich mehr als dankbar, eine Einladung zu einem festen Datum, zu einer festgelegten Zeit, an einem definierten Ort bekommen zu haben. Mittwoch, 11. Dezember von 15.30 Uhr bis 16.15 Uhr wird unsere Anwesenheit im Phantom-Theater zu einem VIFP-Empfang (Very Important Fun Person) für Gold-, Platin- und Diamantkartenbesitzer gewünscht. Ich dachte kurzfristig, mein Leiden würde gelindert, aber Nein!!!, der Höllenschlund öffnete sich erneut und es sprudelten mehr und noch mehr Fragen heraus: Geh ich hin, oder nicht? Wenn ja, was soll ich anziehen? Weiße Hose, Ringelshirt? Kleid mit Lackschühchen? Pinkfarbene Bluse mit Chino? Vorher noch mal waschen, schneiden, fönen? Nägel feilen? – Ich muss mich jetzt erst mal bei einer Fußreflexzonenmassage entspannen gehen, denn die verspricht, alle Probleme zu lösen.

Heute war ein besonderer Abend, der auf jedem Schiff bis zur persönlichen Geschmacklosigkeit zelebriert wird. Das Kapitänsdinner.
An diesem Abend sieht man Kleider, die nicht für ausladende Körperformen entworfen wurden, Frisuren, die Vidal Sassoon erst noch erfinden muss und Schuhe, in denen selbst ein Victoria Secret Model Schwierigkeiten hätte zu laufen. Selbstverliebt und mit Stolz erhobenen Blick flanieren sie die Gänge entlang, bewundern gegenseitig ihre Garderobenwahl und fiebern einem Foto mit dem Kapitän entgegen. Ein Highlight ist es, sich an der Fotostation zu positionieren, vor der die Gäste sich im Sonnenuntergang, vor einer riesigen Holztreppe, in einem entzückenden Blumengarten oder mit bunten Weihnachtsgeschenken fotografieren lassen können. Noch 200 Prozent Weichzeichner drüber und fertig. Ja, hier werden sie gemacht, die Fotos, die in jedem guten amerikanischen Film auf dem Kaminsims zu finden sind. Olli, ich und eine Handvoll Abtrünniger genießen das Schauspiel vor den Leinwänden.

Um einige dieser Bilder schnell wieder aus dem Kopf zu löschen, gehen wir an die Kasinobar. Ein alter Mann setzt sich neben mich auf den Hocker und erzählt mir irgendwas durch seine Zahnlücke. Dann nahm er sein Basecap vom Kopf und zeigte mir voller Stolz den gelb gestickten Schriftzug Vietnam. Ja, denke ich, auch ein schönes Land, mein Bruder war schon mal da. – Hätte ich gestern mal beim Veteranentreffen reingeschaut, hätte ich vermutlich eine andere Antwort gegeben.

Ich entschied mich den Klängen des hawaiianischen Sängers hinzugeben, der hinter der Bar mit seiner E-Gitarre für bessere Stimmung sorgte. “I wanna sleep with you on the Lido-Deck”, zwinkerte er singend. Puh, mit so viel Offenheit hätte ich jetzt nicht gerechnet. Ich war froh, das meine Reisebegleitung sein Geständnis nicht hörte, denn er zeigte derweil vier Ladies älteren Semesters, seinen narkotisierenden Hüftschwung.

Auf dem Weg in die Kabine stoppte ich noch kurz im Frankensteins Lab. Die Disko hielt, was ihr Name verspricht. Zutritt ab 21, mit Ausweiskontrolle. Ich lächelte den Türsteher an, sah, wie er mit schnellem Blick meine bei diesem schmeichelnden Licht kaum zu erkennenden Augenfältchen zählte und gewährte mir ohne Vorzeigen des Ausweises Einlass. Hm.

Hawaiianisches Wort des Tages:
po ‚alua – Dienstag

Windstärke: 8 km pro Stunde
Wetter: 23 Grad, schön sonnig

Es gibt definitiv Schlimmeres, als auf einem sonnendurchfluteten Balkon zu sitzen, auf das Meer zu starren, springende Delfine zu sehen, den Wellen zu lauschen und zu denken: boh, ist das heiß hier. Eine Wurzelbehandlung fällt mir da spontan ein oder Filme von Fettabsaugungen. – Ich sollte aufhören, mir alles bildlich vorzustellen.

Am dritten Tag auf See befinden wir uns weiterhin im hochkonzentrierten Energiesparmodus. Hin und wieder fühlen wir gegenseitig unseren Puls, nur um sicher zu gehen, dass die Grundfunktionen noch arbeiten. Alles soweit ok. Manchmal spielen wir Schnick, Schnack, Schnuck um auszuknobeln, wer aufsteht und die Fernbedienung holt.

Ob du willst oder nicht, irgendeiner stellt dann die Frage, die Angst und Schrecken im Raum verbreitet: “Was machen wir nun?” Hm. Minigolf. Super Idee. Wird aber spätestens nach der dritten Runde langweilig, wenn Du mit einem Opfer spielst und nicht mit einem Gegner. Danach erst mal ausruhen, schließlich handelte es sich um eine Aktivität, die etliche Kalorien verbrannt hat. Anschließend Essen gehen. Die Suche nach dem worauf man Appetit hat, erfordert viel Geduld und Entscheidungsfreude und verbrennt somit weitere Kalorien, sodass man sich ohne schlechtes Gewissen eine ganze Pizza, Pommes mit Mayo und als Dessert noch zwei große Portionen Eiscreme gönnen kann.

Ja, dann – oh warte, war da um 14:30 Uhr nicht das Megaevent beim Juwelier um die Ecke, der nach einer halbstündigen Powerpointpräsentation die Diamantringe mit 40% Rabatt verschleudert? Richtig. Das nächste Highlight, das man keinesfalls versäumen sollte. Gratis gibt es ein Schlückchen aus der guten Champagnerflasche.

Eine weitere anschließende Option wäre der Besuch des Seminars mit dem vielversprechenden Namen ” Iss viel und wiege weniger”. Ich wäre gern hingegangen und hätte mir die Ratschläge angehört, aber ein dicker Mann steckte im Türrahmen fest und versperrte den Eingang. Hm. Was nun? Erst mal eine Waffel mit leckerer Schoko-Vanille Eiscreme.

Auf dem Weg zurück in unsere Kabine sahen wir fürchterlichen schwarzen Qualm aus den Schornsteinen aufsteigen. Entweder haben die Jungs da unten eine Schippe Kohlen mehr drauf gelegt oder es gab ein Feuer im Maschinenraum. Hm. Wir haben Urlaub. Sollen sich doch die anderen um das Feuerlöschen kümmern. Wir müssen uns jetzt erst mal Ausruhen gehen.

Hawaiianisches Wort des Tages:
aloha auina la – schönen Nachmittag

Windstärke: 57 km pro Stunde
Wetter: 21 Grad, sonnig, mit hier und da ein paar Wölkchen

Menschen beobachten ist ein großartiger Zeitvertreib.
Zum Beispiel das Pärchen da drüben.
Er: sehr groß, sehr breit und Oberarme mit denen er problemlos Eiswürfel zertrümmern könnte. Auf seinem T-Shirt, das übrigens eine fantastisch freie Sicht auf seinen haarigen Bauchnabel freigab, stand COME TO DADDY. Seine Zähne waren so schön wie Sterne. Gelb und weit auseinander.
Sie: sehr klein, sehr breit. Ihr sportlich geschnittener pinkfarbener Samtanzug mit der glitzernden Stickerei LOVE PINK konnte vom Gesamtbild nicht wirklich ablenken. Ihre langen, in allen Farben changierenden Fingernägel rundeten das Bild jedoch harmonisch ab.
Nein, Stil ist nicht das Ende des Besens!

Oder nehmen wir die ewig jung geblieben Endsiebzigerin. Immer adrett im Jogginganzug, Schirmmützchen und perfekt gelegter Dauerwelle. Selbst bei Windstärken die mehr als Schrittgeschwindigkeit betrugen, sitzt die Frisur wie frisch geföhnt. Respekt! Ihre sonnengegerbte Haut ist zwar schon runzlig, aber dafür strahlen ihre weißen Zähne umso heller. Sie läuft jeden Tag ihre Runden auf der Joggingbahn. Dafür gibt es noch einmal Respekt! Diesmal mit Ausrufezeichen.

Und dann sind da noch die Beauties. Das sind die Prinzessinnen, von denen mein persönlicher Modezar Harald Glööckler spricht. Von morgens bis abends immer mit perfektem Auftritt. Haare, Make up, Klamotte, Accessoires, Blick und Attitude. Pickel- und faltenfrei flanieren sie mit Stolz erhobenem Blick vorbei am schnöden Mopp. Fuß- und Fingernägel sind frisch lackiert, die Zahnfarbe um 4 Stufen aufgehellt, die Wimpern widerstehen Orkanböen und die Extensions sitzen fest. Manchmal sieht man noch die Botoxeinspritzlöcher auf Stirn und Wange. – Nicht doch, lass den Kopf nicht hängen, Prinzesschen, sonst fällt doch dein Krönchen runter.

Ja, und dann gibt es da noch die Schlunze. Das sind zum Beispiel wir. Aufstehen, Klamotte drüber, fertig. Die Haare frisieren sich von allein, wenn man auf dem Sonnendeck steht.
Leute, ernsthaft. Ich hab mich umgesehen. Wir sind die Geilsten hier 😉

Hawaiianisches Wort des Tages:
wikiwiki – mach schneller, beeil dich

Windstärke: 28 km pro Stunde
Wetter: 21-23 Grad, sonnig

Ich habe mich heute bewusst nicht für das early bird Frühstück entschieden. Als ich ans Buffet kam, wurde bereits für das Mittagessen umgerüstet. Ein indischer Koch hatte jedoch ein großes Herz und ließ uns noch fix die Teller mit zahlreichen Leckereien füllen, deren Farbspektrum sich von gelb über beige, hell- und mittelbraun bis hin zum frittierten dunkelbraun zog. Unsere Überlegung war, einfach sitzen zu bleiben und nahtlos das Lunch anzuschließen – wir entschieden uns dagegen.

Und da der Tag ja nun auch schon fast wieder zu Ende war, lohnte es nicht mehr wirklich, irgendwas anzufangen. Klar, am “Half Price Del Sol Bingo” teilzunehmen geht immer, auch beim lustigen Charade-Spiel hätte ich mich einreihen oder mir einen Vortrag über Arthritis und Zellulitis anhören können. Karaoke war mir zu riskant und das Bootcamp hatte ich Gott sei Dank verschlafen. Zur Sambatanzstunde wollte ich nicht und ich weigerte mich zu Bobbies Bastelkurs zu gehen. – Also gammelte ich vor mich hin, bis die Sonne wieder unterging, es endlich Abendessen gab und die nächste Funwelle bei einem gemeinsamen Abendessen mit wildfremden Menschen, die beim Sprechen den Kaugummi nicht aus dem Mund nahmen, über mich zusammenschlug.

Ja, sich zu entspannen kann fürchterlich anstrengend sein.

Hawaiianisches Wort des Tages:
mahalo – danke

Windstärke: 49 km pro Stunde
Wetter: 21 Grad, mal Sonne, mal Wolken, aber definitiv kein Schnee

„Wo sind denn hier die Chicas?“ Eine durchaus berechtigte Frage. Die Brille abzunehmen und den natürlichen Weichzeichner zu nutzen, wäre eine Möglichkeit, die lecker Mädchen zu finden. Allerdings würden dadurch nur Falten verschwinden, nicht aber ausladende Hüften und opulenter Körperumfang. Eine zweite Möglichkeit wäre, seine Ansprüche weit runterzuschrauben und es wie Harald Glööckler zu halten: Jede Frau ist eine Prinzessin.

Unsere Fun-Cruise hatte einen guten Start beim Check in. Das besagte Einchecken vollzog mit uns ein echtes Sprachtalent. Timothy hatte die zauberhafte Gabe, einen unendlich langen Satz mit nur 2 Wörtern zu bilden. Diese beiden Wörter bestanden wiederum aus ca. 60 bis 70 eng miteinander verschweißten Wortketten, die in ihrer einzelnen Bedeutung schwer wahrzunehmen waren. Also hörten wir geduldig zu, lächelten bestätigend und warteten gespannt auf sein Luftholen, was unweigerlich das Ende des Satzes vermuten ließ. In der Hoffnung, dass er uns eine Frage gestellt hatte, nickten wir eifrig und antworteten mit einem entschlossenen „nein, definitiv nicht“. – Puh, die Kurve war eng.

Die Carnival-Schiffe sind die Lidlmärkte unter den amerikanischen Kreuzfahrtschiffen. Hier gibt es von allem viel, billig, im Sonderangebot oder Vorteilspack. Budweiser gleich Eimerweise, Foster-Bier im Kanister. Und wenn man ein modisch wertvolles Armband von der 50-Meter Rolle kauft, bekommt man drei Handtaschen, eine Faltencreme und Aspirin geschenkt. Hier kauft man ein ohne das Gefühl zu haben, Geld auszugeben. Überall lauern Geschenke die dich anbetteln in dein Körbchen zu hüpfen. Es ist ausgesprochen hart, sich nicht dem Konsumrausch hinzugeben.

Unsere Balkonkabine ist super. Bett, Fernseher, Fernbedienung – alles immer in Reichweite. In der Münchner Innenstadt würde sie als geräumige Familienwohnung für nicht weniger als 1.500 € kalt durchgehen. Der Ausblick ist grandios. Meer, nichts als Pazifik wohin das Auge blickt. Das Bad ist geräumig. Aber auch hier müssen keinerlei Wege zurückgelegt werden. Alles befindet sich in Armlänge. Spart vor allem Zeit, bei einer Trödeltrulla wie ich es bin.

Die erste Abend war sehr -nun sagen wir- rhythmisch, was mit musikalisch in diesem Sinne nichts zu tun hatte. Es knarrte ordentlich im Gebälk. Und da wir weit oben im Schiff einquartiert sind, hatten wir einen entsprechend großen Schunkelwinkel. Deutlich abzulesen an den Übergardinen, die zeitweise senkrecht zur Eingangstür zeigten. Auszugleichen waren diese rechts-links-vorn-hinten-Kreisbewegungen nur durch reichlich Alkohol in Kombination mit einem Cocktail aus verschiedenen Reisetabletten und jeder Menge Hoffnung, dass der nächste Windstoß das Schiff nicht auf die Seite legt.

Hawaiianisches Wort des Tages:
aoha kakahiaka – guten Morgen

Windstärke: 113 km pro Stunde
Wetter: 21 Grad, sonnig

Was jetzt richtig doof wäre … wenn wir heute in die Flieger nach Hause steigen müßten. 12 Stunden Flug, grau, nass, kalt, dunkel und vermutlich Schneematsch. Aber hey, nein! Gleich geht es auf unseren Kreuzfahrtkutter und dann ab aufs Meer. Hawaii wir kommen!

Ahoi und sonnige Grüße mit einem Weihnachtslied nach Hause: Let it snow, let it snow, let it snow.

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“Jetzt links halten und sofort nach rechts abbiegen. Jetzt auf die Auffahrt fahren, in 50 Meter die Ausfahrt nehmen, rechts halten, jetzt links abbiegen, links halten und rechts abbiegen. In 30 Metern die mittlere Spur nehmen und dann links abbiegen. Folgen Sie dem Verlauf der Straße, bis Sie durchdrehen oder ich die Route neu berechnet habe.” Und das alles auf einer Strecke von 1 km. Respekt! Als wir die Abgabestation der Autovermietung erreicht hatten, applaudierte uns das Navigationssystem leise. Ich schwöre, ich habs gehört. – Ja, ich muss zugeben, ein kleines Tränchen hatte ich im Augenwinkel, als wir unseren Weggefährten nach 2 Wochen enger Dreisamkeit zurückgeben mußten. 4.512,6 km durch Kalifornien, Arizona, Utah und Nevada haben doch ganz schön zusammengeschweißt. Wir haben gemeinsam Tankstellen und Hotels gesucht, sind durch Schnee und Eis gefahren, über Brücken und durch Täler. Wir haben das Death Valley überlebt und auch die Serpentinen gemeistert, die Route 66 und den Highway Nr. 1 bezwungen. Mein Rücken wird sich nur sehr schwer an einen anderen Autositz gewöhnen.

Long Beach ist zugegebener Maßen ein schönes Eckchen. Es hat nen schönen Yachthafen und viele Jogger mit Hunden oder Kinderwagen zu bieten. Und ein Harley Davidson Event. Vermutlich mit zahlreichen Mädchen die sich um das Wohlbefinden der hochglanzpolierten Mopeds und Trucks mit vollem Körpereinsatz kümmern.

Und die Queen Mary und ein altes russisches U-Boot, in dem Pocahontas Waschbär lebt. Beides haben wir besucht und dritten gesehen.
Der Innenraum des U-Boots war ganz schön eng um die Hüfte. Ich frag mich, wie man hier entspannt reisen sollte. Und es roch nach Altöl und Diesel oder so. In der Luft lag schwere russische Folklore und in der Kombüse sogar noch Essen. Eine Lautsprecherstimme mit russischem Akzent erklärte voller Dramatik das Boot.
Die Queen Mary hingegen fuhr mit etwas mehr Luxus auf. Hier konnte man auf alten Holzplanken flanieren und mußt nicht durch schmale Luken kriechen. Allerdings konnte man hier auch nicht an bunten Knöpfen und Hebeln spielen. Schee wars trotzdem.

PS: Und hier noch ein Suchbild.

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Route: Marina de Rey, Long Beach, Queen Mary, Russisches U-Boot

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Muscle Beach:
Ich offenbare mal, was sich bei diesem Wort vor meinem inneren Auge abspielt: Kernige Schnittchen, mit gestählten Körpern und darauf unzähligen Schweißperlen, die lüstern in der Sonne glänzen. Gut gebräunte male models, die ihr Sixpack nicht in einem grünen Kasten vor sich her tragen. Kerle mit Autoreifen unter ihren Armen, zerfetzen Jeans, die ihnen vom durchtrainierten Hintern rutschen und dir beim Sonnencreme verteilen vielversprechend zuzwinkern. Ja, das war meine Vorstellung vom Muscle Beach.
Um es kurz zu machen, ich war am falschen Tag dort.

Venice Beach:
Dann sollte Olli seine Chance bekommen, Strandnixen oder wenigstens so was wie Pamela Anderson zu sehen. Er wartete geduldig. Lange und sehr geduldig. Wenn ich ihn nicht mit der Aussicht auf ein lecker Frühstück weggelockt hätte, hätten ihn vermutlich die hungrigen Möwen zerpflückt.

Hollywood:
Also, wenn Kermit der Frosch einen Stern auf dem Hollywood Boulevard hat, dann möchte ich definitiv auch einen. Und Ich hab auch schon einen leeren gefunden. Nun ziehe ich noch schnell los und hole mir einen goldenen Edding. Zwischenzeitlich habe ich Spiderman und Marylin Monroe gebeten, auf meinen Stern aufzupassen. Und damit den beiden bei ihrer verantwortungsvollen Aufgabe nicht langweilig wird, sorgt Michael Jackson für ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm. Sollte also alles klappen.

Route: Marina del Rey, Venice Beach, Mulholland Drive, Beverly Hills, Sunset Boulevard, Hollywood, Walk of Fame

Wetter: strahlend blauer Himmel und Sonne satt bei 16 Grad

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Heute sind wir alle Ort an der Küste mit dem ersten Wort Santa abgefahren. Unsere persönliche Ode an Weihnachten 🙂
Santa Maria, Santa Barbara, die Santa Claus Road und Santa Monica natürlich auch.

Santa Barbara: Alles sehr ordentlich, aufgeräumt und geradlinig. Wie eine schön gepflegte Exceltabelle. Hier ein Bötchen im Yachthafen liegen zu haben, wäre kein Weltuntergang. In den Villen am Strand wohnen die Schönen und Reichen. Schön sind wir schon, jetzt warten wir noch darauf, dass jemand kommt und uns reich macht. Dazu haben wir uns mit einer Tüte Chips Geschmacksrichtung Honig Senf und einem Kaffee aus dem Pappbecher an den Hafen in die Sonne gesetzt und gewartet. Es kam niemand.

gefahrene Kilometer: 305
Route: Pismo Beach, Solvang, Santa Barbara, Malibu, Santa Monica, Marina del Rey

Wetter: blauer Himmel, Sonnenschein bei 16 Grad

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Eine Menge Fauna gab es zu sehen am Highway Nr. 1:
Bild 1 zeigt Sandflöhe am Carmel Beach – zugegebenermaßen etwas schwer zu erkennen.
Auf dem zweiten Bild liegen Seelöwen, Robben uns Seeelefanten übereinander und gammeln den lieben langen Tag vor sich hin. Ab und an schubbern sie sich ihr Fell, wenn mal wieder der Sandfloh aus Bild 1 zugeschlagen hat.
Dann gab es da noch Möwen, viele Möwen. Sie standen knietief im kalten Wasser und warteten darauf, dass der schwimmende Mittagstisch vorbei rauscht.
Und Eichhörnchen, die den Ausblick auf den Pazifik genießen.
In Pismo Beach genoss es ein Pelikan, seine bestgefederte Seite in die Kamera zu halten. Ich hab mehrfach geschaut, ob er ein Beutelchen mit der Aufschrift “gratuity requested” um sein dünnes Beinchen trägt.

gefahrene Kilometer: 235
Route: Monterey, Carmel Beach, Highway Nr. 1, Big Sur, Pfeiffer Beach, San Simeon, Pismo Beach

Wetter: Sonne, steife Brise und 15 Grad

Heute Abend gab’s lecker Hamburger mit Pommes bei Henry’s BBQ in Monterey.
Unsere Kellnerin hatte wohl Sonnenschein zum Frühstück oder etwas aus der ortsansässigen Apotheke, das ausschließlich unter dem Ladentisch angeboten wird. So freundlich kann man nicht mal sein, wenn man vom Weihnachtsmann 60 Tage bezahlen Urlaub geschenkt bekommt.

Sie ist eine bunte Mischung aus vielem. Ihre Mutter kommt aus Polen, die Oma aus Deutschland. Sie selbst lebte zeitweise in Stuttgart. Der Vater stammt aus Mexiko. Natürlich stationiert in Deutschland, wie rund 100% der amerikanischen Soldaten. – Ich vermute ja, dass Kindern bereits im Vorschulalter beigebracht wird, dass entweder Großvater, Vater, Onkel oder der Nachbarshund in Remscheid waren, um den Small Talk anzukurbeln. Meist wird dies dann mit einigen in der Kindheit aufgeschnappten bruchstückhaften deutschen Worten bestätigt. Um die Top 4 zu nennen: Weizenbier, Remscheid, Stuttgart, Autobahn.

Ach ja, der Hamburger – der wurde von unserem multikulturellen Sonnenschein mit unzähligen Kalorien geliefert. Und jede einzelne Kalorie davon haben wir mit nach Hause genommen, damit sie über Nacht genug Zeit haben, die Hosen enger zu nähen.

gefahrene Kilometer: 254
Route: San Francisco, Santa Cruz, Monterey

Wetter: 18 Grad, Sonnenschein

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… La, la, la, some flowers in your hair. …

Unser Hotel ist akzeptabel. Es bekommt ein 2:2 unentschieden.

2 Pluspunkte:
Es liegt direkt an The Fisherman’s Warf und damit Mitten im Geschehen. Alles ist super zu Fuß erreichbar.
Und unser Parkplatz kostet nix. Das ist hier wie ein Lottogewinn zu bewerten.

2 Minuspunkte:
Wir sind in einer Innenkabine eingecheckt. Unser winziges Fenster glänzt mit der Aussicht auf eine nur wenige Meter entfernte graue Häuserwand. Von der Sonne wach geküsst zu werden würde an ein Wunder grenzen. Aber hey, Tageslicht wird definitiv überbewertet. Die Möwen weckten uns pünktlich zur Morgendämmerung.
Und, das Hotel scheint aus Reispapier gebaut zu sein. Wenn der Typ über uns in seinem Reiseführer blättert, glaubst du, ein Windstoß reißt die Zimmertür auf. Ich war froh, dass er sich nicht die Haare geföhnt hat, sonst wären wir aus dem Bett gefegt worden. Dreht er oben Wasser auf, so könnte man meinen, du liegst unmittelbar neben den Niagarafällen. Ich redete mir sogar ein, Wassertropfen wahrgenommen zu haben. Und rollt jemand mit einem Koffer an unserem Fenster vorbei, würde ein Seismograph definitiv Erderschütterungen mit Evakuierungswarnung melden.
30% der Geräuschkulisse absorbieren meine Ohrstöpsel. Die restlichen 70% atme ich entspannt weg.

Aber richtig uncool ist es, wenn der Gast vor dir den Wecker nicht ausgeschaltet hat und du um 2:30 Uhr mit kurzem Herzstillstand im Bett sitzt und dich fragst, ob das ein Weckton oder Feueralarm ist. Rachsüchtig habe ich heute morgen um 6:24 Uhr genau diesen Wecker angeschriehen: Na, wie ist das so früh geweckt zu werden!!!!!!!!!!!!!!!!

gefahrene Kilometer: 0
gelaufene Kilometer: einmal die große Tour und zurück

Route: Lombard Street, China Town, Nob Hill, Fisherman’s Wharf, Pier 39, Cable Car Museum, Telegraph Hill